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Deutsche Gesellschaft für Christliche Kunst [Hrsg.]
Die christliche Kunst: Monatsschrift für alle Gebiete der christlichen Kunst u. der Kunstwissenschaft sowie für das gesamte Kunstleben — 1.1904/​1905

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Schmitt, Franz Jakob: Die Kathedrale St. Stephan zu Metz in der ehemaligen Kirchenprovinz Trier
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https://doi.org/10.11588/diglit.53156#0284

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2)0

DIE KATHEDRALE St. STEPHAN ZU METZ
IN DER EHEMALIGEN KIRCHENPROVINZ TRIER
Von Architekt FRANZ JAKOB SCHMITT in München
Fortsetzung

in Straßburg hat man Chor und Querschiff
1 vom alten St. Mariendome romanischen Stiles
beim Neubaue des gotischen Langhauses beibe-
halten, in Köln wie Metz aber nach und nach
alles Romanische eingelegt, so daß heute ober-
halb des Plattenbodens kein einziger Überrest er-
halten ist. A Prost hat in seiner Monographie
der Metzer Kathedrale vomjahre 1885 dasroma-
nische Bauwerke einschiffig im Langhause re-
konstruiert, was entschieden abgelehnt werden
muß, als auf einer Täuschung beruhend,
welche dadurch entstand, daß 1881 unterm
Fußboden Mauerwerk und Türöffnungen im
romanischen Mittelschiffe entdeckt wurden.
Zunächst erfolgte die Ausführung der gotischen
Seitenschiffe und um den Kathedralgottes-
dienst nicht aufzuheben, so untermauerte man
die Mittelschiffsarkaden und schloß sie seit-
lich ab, damit entstand allerdings für einige
Zeit das einschiffige Langhaus.
In Metz legte man sich eine Beschränkung
dadurch auf, daß die eben erst in frühgotischen
Bauformen errichtete Notre-Dame-la-Ronde
so weit als eben möglich erhalten blieb und
das bei ihr aufgestellte System auch für die
neue Kathedrale des hl. Stephanus ange-
nommen wurde. So erklärt es sich denn,
daß von den ursprünglichen sechs Rundsäulen
der Liebfrauenkirche heute noch vier frei-
stehende existieren, daß die Achsen dieser
Säulenpaare zu den Mittellinien aller Lang-
haus- und Chorpfeiler der gotischen Kathe-
drale erhoben wurden, daß aber auch die
Kämpfer der Seitenschiffgewölbe in nur
7,35 m Höhe über dem heutigen Plattenfuß-
boden sich befinden. Hätte der uns unbe-
kannte Architekt und seine Nachfolger Johann
Pollet sowie Peter Perrat nach einem neuen
selbständigen Bauplane, wie es in Köln der
Fall war, die Metzer Kathedrale ausführen
dürfen, so würden wir die Seitenschiffe nicht
in solchem Mißverhältnisse zum Hochschiffe,
dessen Gewölbekämpfer sich 29 m über dem
Fußboden erhebt, hergestellt finden. Die
7,35 rri hohen Säulen entsprachen vor-
trefflich der Sechsecks-Basilika, deren Gewölbe-
schlußstein sich in etwa 24 m Höhe befunden
haben dürfte, während die Kreuzgewölbe des

mächtigenHochschiffes der heutigen Kathedrale
sich 42 m über dem Plattenboden erheben.
Zum Vergleiche sei angeführt, daß der Abseiten-
Gewölbekämpfer bei der Metropolitan-Dom-
kirche Notre-Dame zu Rheims sich in 11 m,
bei der Kathedrale Notre-Dame zu Amiens
in 14 m Höhe befindet und der Kämpfer der
Mittelschiffsgcwölbe zu Rheims in 26,80 m
und zu Amiens in 3 3 Qm Höhe über den
betreffenden Fußböden der dreischiffigen Lang-
häuser. (Vgl. die Abb. in Heft 10.)
Die Verschmelzung der Liebfrauenkirche
mit der Kathedrale St. Stephan hatte in Metz
den weiteren Nachteil im direkten Gefolge,
daß der Turmbau nur verkümmert in die
Erscheinung treten konnte. Die Meister,
welche die Pläne zu der Kathedrale gotischen
Stiles entwarfen, haben sich aber nicht nur
die zwei Türme nächst Notre-Dame-la-Ronde
gedacht, sondern noch zwei weitere am Ein-
gänge zum Chore, also in der Wiederkehr-
ecke vom Querhause, darum wurden denn
auch an diesen Plätzen die zwei Treppen-
türmchen errichtet; sie sollten den Zugang
zu den beiden hochragenden Chortürmen
über quadratischem Grundrisse bilden. Zum
Schaden des ganzen Monumentalbaues unter-
drückte leider die spätere Zeit der beiden
Chortürme Ausführung; die gleichen Stärken
der vier betreffenden Freipfeiler beweisen die
richtige Annahme, denn die Vierungspfeiler
des Querhauses haben nur dieselben und
keine größeren Grundflächen. Dazu kommt,
daß sowohl die gotische Kathedrale St. Mansuy
zu Toni, wie auch zu Metz selbst die präch-
tige gotische Pfeiler-Basilika der ehemaligen
Benediktiner-Abtei St. Vincent die in Rede
stehenden quadratischen Chortürme besitzen.
Selbst die zwei vorderen Türme fanden im
Stile der unteren Konstruktionen nur bis
zum Dachkranze des Hochschiffes ihren Auf-
bau. Das in spätgotischer Epoche ausge-
führte Obergeschoß des »Mutte« genannten
Glockenturmes auf der Epistelseite hat einen
viel zu raschen Abschluß in einer Höhe von
nur 85^2 m erhalten, was zu dem 122^4111
langen und im Querschiffe 473/4 m breiten
Bauwerke im stärksten Mißverhältnisse steht.
 
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