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Deutsche Gesellschaft für Christliche Kunst [Hrsg.]
Die christliche Kunst: Monatsschrift für alle Gebiete der christlichen Kunst u. der Kunstwissenschaft sowie für das gesamte Kunstleben — 1.1904/​1905

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Fürst, Max: Die gesellschaftliche und soziale Stellung der Künstler in ihrer geschichtlichen Entwicklung, 2
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https://doi.org/10.11588/diglit.53156#0078

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6o

DIE GESELLSCHAFTLICHE UND SOZIALE STELLUNG DER

DIE GESELLSCHAFTLICHE UND SOZIALE STELLUNG DER
KÜNSTLER IN IHRER GESCHICHTLICHEN ENTWICKLUNG
Von MAX FÜRST
II.

Obgleich das hellenische Altertum eine un-
vergleichliche Kunstbegeisterung an den
Tag legte, so wäre es, wie bereits angedeutet,

— galten auch die Künstler. Es ist unleugbare
Tatsache, daß erst das Christentum den Makel,
der auf der Hände Arbeit lag, zu beseitigen ver-
mochte, daß einzig das Christentum die


THOMAS BÜSCHER KREUZWEGSTATION
Ausstellung in Regensburg 1904
irrig, anzunehmen, daß der Stand der Künstler
im allgemeinen damals einer besonders hohen
oder angesehenen gesellschaftlichen Stellung
sich erfreut hätte. Wer mit der Hände Arbeit
sein Fortkommen zu suchen hatte, wer über-
haupt arbeitete, stand in der vorchristlichen
Zeit immer den Sklaven näher als den Herren.

Arbeit als sittliche Tat feiern und zur
Anerkennung bringen konnte.
Wenn Platon, der erleuchtete Geist,
sagen konnte: »Maurer und Schuster
und Bildhauer, das sind samt und sonders
Handwerker,« so kann man sich wohl
vorstellen, wie in der Allgemeinheit der
Künstler taxiert wurde. Einzelne Mäch-
tige erwiesen ja ihren Künstlern oft un-
gewöhnliche Huld und waren bestrebt,
den Vorurteilen entgegenzuwirken; aber
solch wohlwollende Versuche erwiesen
sich niemals durchdringend. Und gelang
es je einem hervorragenden Meister, aus
dem beengten Rahmen seiner sozialen
und gesellschaftlichen Stellung einiger-
maßen hervorzutreten, so bekam ihm
dieses ob der rasch erstehenden vielen
Feinde selten gut. Wurde doch Phidias,
als er zu persönlichem Ansehen aufge-
stiegen, sofort schnöde verdächtigt, das
ihm zur Verarbeitung anvertraute Gold
und Elfenbein veruntreut zu haben, wo-
rauf Kerker oderVerbannung des Meisters
Lebensabend einhüllte. Wohl nichts ist
für die persönliche Geringschätzung oder
Mißachtung der Künstler des Altertums
bezeichnender, als der noch im zweiten
Jahrhundert christlicher Zeitrechnung
gegebene Ausspruch des — obendrein
kunstverständigen — Lucian, der höchst
unverblümt kundtut: »Und würdest du
auch ein Phidias und Polyklet und hät-
test eine Menge bewunderungswürdiger
Werke gearbeitet, so wird zwar jeder,
der sie sieht, deine Kunst erheben, aber
gewiß keiner von allen, solange er bei
Verstand ist, deinesgleichen zu sein wünschen.
Denn wie groß du auch immer in deinem
Fache sein magst, so wirst du doch immer
mit den Leuten, die ihr Leben mit den Hän-
den gewinnen müssen, in eine Klasse ge-
worfen.« Bei solch fataler Würdigung suchten
sich viele Künstler des Altertums auf anderen

Zum Stande der erstgenannten gehörten alle
Handwerker, und als solche — mochte man
ihrer Leistungen noch so sehr sich erfreuen

Wegen, auf jenen des raschen Erwerbes und
hohen Lohnes, durch Luxus und demonstra-
tiv zur Schau getragenes Selbstgefühl zu ent-
 
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