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Deutsche Gesellschaft für Christliche Kunst [Hrsg.]
Die christliche Kunst: Monatsschrift für alle Gebiete der christlichen Kunst u. der Kunstwissenschaft sowie für das gesamte Kunstleben — 1.1904/​1905

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Wolter, Franz: Franz von Lenbach
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https://doi.org/10.11588/diglit.53156#0249

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FRANZ VON LENBACH

Von FRANZ

WOLTER

Mit Lenbach ist eine der eigenartigsten,
größten, glänzendsten Künstlerpersönlich-
keiten Deutschlands am 6. Mai v. J. dahin-
geschieden. Was die deutsche Kunst, was


FRANZ VON LENBACH
Nach einer photogr. Aufnahme
insbesondere München an diesem knorrigen,
festen, unbeugsamen und wieder so gütigen,
menschenfreundlichen und milden Meister
verloren hat, ist unschätzbar. Der eine Trost
bleibt jedoch, daß dem Künstler das Glück
beschieden war, sein reiches Talent ganz zu
entfalten, daß er uns all das hat geben können,
was er gewollt und gekonnt hat. Sein ab-
geschlossen vor uns liegendes Lebenswerk
war nicht mehr zu überbieten. Er war voll-
endet. Lenbach erzählte oft und gern von
seiner künstlerischen Entwicklung und wenn
er dann, zurückgelehnt auf dem gemütlichen,
etwas erhöhten Eckdivan seines Ateliers, zu-

gleich seine vor ihm stehenden Werke be-
trachtete, da war es ein Hochgenuß, ihm
zuzuhören von seinen Jugendjahren in Schro-
benhausen, die er als Sohn eines Maurer-
meisters und Bauzeichners im Kreise von
16 Geschwistern verlebte. Schon früh mußte
er an den Neubauten praktisch mithelfen,
später Pläne zeichnen. Er konnte sich jedoch
nicht lange mit letzterer Tätigkeit befreunden,
da ihn die Augen von den scharfen Linien und
Umrissen auf dem weißen Papier schmerzten.
Durch den Maler Hofner, der auf seinen
Studienfahrten damals nach Schrobenhausen
kam und vorzugsweise Geflügel malte, lernte
er die ersten Anfangsgründe der Malerei und
da der junge Lenbach Geld verdienen mußte,
malte er Votivtafeln, die nach Altötting ge-
stiftet wurden. Erst auf der Polytechnischen
Schule in Augsburg erhielt er den ersten
systematischen Unterricht im Zeichnen, von
dem der junge Mann aber nicht viel hielt;
er besuchte die dortige Gemäldegalerie und
fing an, die alten Meister zu studieren; neben-
bei malte er nach der Natur. Erst mit dem
Eintritt in die Piloty-Schule in München 1857
und später mit dem Aufenthalte in Rom be-
ginnt Lenbachs ernsteres Kunstschaffen. Hier-
bei erkannte er bald, daß er zu kostümhisto-
rischen Galavorstellungen oder zu prunkvollen
Menschenstilleben wenig Talent hatte. Er
malte damals, da ihm die zeitgenössische
Kunst nicht gefiel, in unerhört naturalistischer
Wiedergabe die sonnengebräunten Beine der
heimatlichen Dorfjugend Schrobenhausens,
später in Italien die Bauern der Campagna,
schließlich Landschaften in Begleitung des
Baron Schack; erst später durch das Studium
der alten Meister fand er sich selber. Hätte
er nicht damals die Alten durch die Hilfe
Schacks in dieser ausgiebigen Weise kennen
gelernt, indem er sie mit dem Pinsel Zug
um Zug wiedergab, er würde vielleicht, wenn
auch immerhin ein großer Maler, doch nicht
diese Höhe erreicht haben, auf der wir ihn
jetzt bewundern; denn ein gut Teil Len-
bachscher Kunst ist ohne den Einfluß der trans-
alpinen gar nicht denkbar. Durch jene kam
er auf die große künstlerische Auffassung,

Die christliche Kunst. I. 10. 1. Juli 1905.

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