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Deutsche Gesellschaft für Christliche Kunst [Hrsg.]
Die christliche Kunst: Monatsschrift für alle Gebiete der christlichen Kunst u. der Kunstwissenschaft sowie für das gesamte Kunstleben — 1.1904/​1905

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48 ZU UNSEREN BIEDERN — FÜR DEN BESUCH VON AUSSTELLUNGEN

ZU UNSEREN BILDERN
DIE STUNDE DER BETRACHTUNG
(Sonderbeilage)
In dem schönen von Fritz Kunz geschaffenen
Werke, das unsere farbige Kunstbeilage reproduziert,
verbindet sich zarte Seelenschilderung mit feinster Natur-
beobachtung: es ist in doppeltem Sinne ein Stimmungs-
bild, das den Beschauer gefangen nimmt, eine Schilderung
sonnigen Friedens in der Natur und in edlen Frauen-
herzen, der auf unser Gemüt übergeht. Eine tiefe Kluft
trennt dieses Bild von den üblichen Genredarstellungen
aus dem Klosterlebcn, bei denen die Maler nur das
Ordensgewand zur Darstellung reizt. Mit sich im reinen
und der Welt abgestorben wandeln die Schwestern, der
inneren Stimme lauschend, die Wege des Klostergartens
entlang. Aber auch die Kandidatinnen im Vordergrund,
auf deren jugendlich blühenden Gestalten der mütter-
liche Blick der Novizenmeisterin ruht, werden hier ihren
dauernden Frieden finden. Mit vollendetem Geschmack
hat der Künstler die Gruppen abgewogen und die
Farbenwerte verteilt. Die hier nötige Illusion der Fort-
setzung des Raumes im Bild nach rechts und links und
des Vorüberwandelns der Ordensfrauen ist u. a. durch die
Überschneidung der beiden äußersten Gestalten mit
dem Bildrand lebhaft unterstützt; die große und ruhige
schwarze Masse der vordersten Figur gibt der ganzen
Komposition Halt und. Geschlossenheit und trägt zu
ihrer Vertiefung bei. Die weißen Flecken mit den
warmen Sonnenlichtern und bläulichen Schatten sind
wohltuend verteilt und die helle Kopfbedeckung der
Schwestern geht weich mit der grauen, mild beleuch-


WALTER LÖBACH THEODOR MOMMSEN
Münchener Jahresansstellnng im Glaspalast 1)04

teten Gartenmauer zusammen. Zur Harmonie in Schwarz
und Weiß tritt das gehaltene Grün des Rasens und
Gesträuchs und das spärliche, kühle Rot der Blüte des
ernsten Phlox, welcher die Vertikallinie der Figuren
wiederholt. Der stille Ernst wird durch Sonnenlicht
verklärt und die koloristische Behandlung ist der Abglanz
der Seelenstimmung der Dargestellten. — Fritz Kunz
ist am 1. Mai 1868 zu Einsiedeln in der Schweiz geboren.
Seine künstlerische Ausbildung genoß er an der Akademie
zu München. Er schuf bereits manche hervorragende
Werke religiösen Inhalts, die eine tiefreligiöse Auffassung
mit der neueren malerischen Anschauung harmonisch
verbinden. Die VI. Jahresmappe der Deutschen Gesell-
schaft für christliche Kunst enthält zwei prächtige Voll-
blätter nach Werken des jungen Meisters vom Jahre 1896,
nämlich eine »Geburt Christi« und die »Krankenheilung«;
die X. Mappe bietet in vier Darstellungen das Triptychon:
»Der englische Gruß«. — Das Ölgemälde: »Die Stunde
der Betrachtung« befindet sich noch im Besitz des
Künstlers. Figuren ungefähr halblebensgroß.
Studienkopf. Den prächtigen, lebensgroßen Studien-
kopf auf S. 32 zeichnete Dürer auf dunkles Papier; die
Lichter sind mit Weiß erhöht. Auf das kostbare Blatt,
das auf Dürers Reise in den Niederlanden 1521 entstand
und sich jetzt in der Albertina zu Wien befindet, schrieb
der Meister selbst den Vermerk: Der man was alt 93 jor
und noch gesund und fermuglich (rüstig) zu Antorff
(Antwerpen). Eine ganz ähnliche, nach demselben Modell
und in der gleichen Technik ausgeführte Studie besitzt
das kgl. Kupfersichkabinett zu Berlin. Vgl. hierüber:
»Albrecht Dürer« von Dr. Anton Weber; III. Äufl., S 77 ff.
Das Bi 1 dnisrelief S 42 von Professor Balthasar
Schmitt (München) ist ein Meisterwerk der Reliefplastik.
Das Gemüt erfreut sich an der herzigen Erfindung und
seelenvollen Durchführung der Gruppe; das künstlerische
Empfinden wird angeregt von dem rhythmischen Fluß
der Bewegungen, dem geschlossenen Aufbau und der
trefflichen, bei dieser Aufgabe sehr schwierigen Behand-
lung des Reliefs. Das Werk ist 1901 in Marmor aus-
geführt und befindet sich in Privatbesitz zu Magdeburg.
Die nächsten Hefte werden zahlreiche Abbil-
dungen religiöser Kunstwerke von der christlichen Kunst-
ausstellung in Regensburg bringen, u. a. Werke von
Altheimer, Bachmann, Bauer, Gg. Busch, Thomas
Buscher, Cloß, Dite, Feuerstein, Hansen, Hieronymi,
Hugo Huber, Jos. Huber, Kolmsperger, Nüttgens, Pacher,
Gebr. Rank, Romeis, Pruska und Harrach, Samberger,
Balth. Schmitt, Aug. Spieß u. s. w.

FÜR DEN BESUCH VON AUSSTELLUNGEN
P. Steph. Beissel, S. J., sagt in »Stimmen aus Maria
Laach«, Jahrg. 1904, Heft 8 (14. Sept. 1904), S. 256, in
einer Besprechung der Düsseldorfer Kunstausstellung
von 1904: »Drei- oder viertausend alte und neue Bücher
zu beurteilen, würde als schwere Last, als kühnes Unter-
fangen betrachtet werden. In der Kunstausstellung sind
mehr als viertausend Werke der Wertschätzung darge-
boten. Freilich ist ein Gemälde, eine Statue rascher
betrachtet, als ein Buch gelesen. In manchem Bilde
steckt jedoch mehr Arbeit, auf manches ist mehr Zeit
und Mühe, mehr Talent und Studium verwendet als auf
diesen oder jenen Band, den rührige Buchhändler in die
Flut der Neuerscheinungen werfen. Viele Bücher be-
ginnen ihren Weg, bevor eine sachliche Beurteilung ihnen
in den Weg trat; keinem Kunstwerk haben sich dagegen
die Pforten des Kunstpalastes geöffnet, ehe es von einer
aus Fachgenossen zusammengestellten Jury geprüft und
belobt wurde. Wie jede Mutter ihr Kind, jeder Schrift-
steller sein Buch, so liebt jeder Künstler sein Werk.
Nicht nur sein Herz hängt daran, auch sein Ruf, nicht nur
seine eigene Existenz, sondern oft auch die seiner Familie.«

Für die Redaktion verantwortlich: S. Staudhamer; Verlag der Gesellschaft für christl. Kunst, G. m. b. H.
Druck von Alphons Bruckmann. — Sämtliche in München.
 
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