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Deutsche Gesellschaft für Christliche Kunst [Editor]
Die christliche Kunst: Monatsschrift für alle Gebiete der christlichen Kunst u. der Kunstwissenschaft sowie für das gesamte Kunstleben — 1.1904/​1905

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Fäh, Adolf: Kunsthistorische Wanderungen durch Katalonien
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https://doi.org/10.11588/diglit.53156#0305

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e» KUNSTHISTORISCHE WANDERUNGEN: GERONA

269


FENSTER VOM BISCHÖF-
LICHEN PALAST IN
GERONA
(Nach Ferencz)

Sarkophage, dem Ganzen ver-
leiht der Kreuzgang die ent-
sprechende Folie. (Abb. S. 270.)
In San Pedro fesseln uns
noch die beiden Altärchen an
den hintersten Pfeilern der
Kirche. Aus ihren Nischen
empfangen wir einen neuen
Willkommensgruß auf spani-
scher Erde, der sich noch oft
wiederholen wird, fast in jeder
Kirche uns begegnet. Der lei-
dende Heiland an der Geißel-
säule ist’s, den wir in der
Hauptnische des einen Altars
wahrnehmen. Echt sind des

Hauptes wirre Haare, welche
die eine Hälfte des schmerzdurchfurchten

Antlitzes beinahe bedecken. Die Len-

zarte Rücksicht der Kir-
che bewundern, die,
frei von schroffem Pu-
ritanismus, des einfa-
chen Volkes naive
Wünsche gütig berück-
sichtigt.
In unmittelbarerNähe
beobachten wir noch
ein kleines Heiligtum,
San Nicolas, ursprüng-
lich wohl ein prächtiger
Zentralbau, an dessen
quadratischen, von der
Kuppel überragten Kern
sich vier halbkreisför-
mige Nischen anschlos-
sen. Man scheint im
Laufe der Zeit an


FENSTER VON EINEM WOHNHAUS
IN GERONA
(Nach Ferencz)

die Stelle der einen


den umschließt ein feiner Seidenstoff,
den eine prächtige Goldspitze bordiert.
Gegenüber erblicken wir Maria mit
ihrem Kinde, beide in Seide gekleidet,
Schäfchen umschließen die liebliche
Gruppe. Wer wird einem solch rustiken
Realismus noch Aufmerksamkeit schen-
ken, möchte mehr als ein
freundlicher Leser einwen-
den ? Das aufmerksame Auge
wird in der Verfolgung der
wirklich künstlerisch ange-
legten Falten sein vorgefaß-
tes Urteil mildern. Er steht
vor Draperiestudien, die eine
Künstlerhand entworfen, um
sie für seine Komposition
zu benützen.
Mit rührender Liebe hängt
das schlichte Volk an diesen

Apside ein Schiff angebaut zu haben.
Der Anblick dieses hübsch dekorierten
Äußern mit seiner weichen Silhouette
weckt den Gedanken, das Kirchlein auf
waldiger Höhe in den heimatlichen Gauen
zu sehen. Was anderwärts Gegenstand
der Bewunderung unserer Archäologen
bilden würde, hat hier seine Tore öffnen
müssen, um einer mechanischen Säge
Aufnahme zu gewähren. Die heiser krei-
schenden Töne klagen in durch-
dringendem Protest gegen die
Profanation eines künstlerisch
hoch bedeutsamen Werkes.
Noch ist eine vierte Stätte ins
Augezu fassen.(Abb.S.27i.)Sol-
daten machen sich rings bemerk-
bar. Sie obliegen ihren Arbeiten
in denHöfen und senden aus halb
vermauerten Kirchenfenstern

SAN NICOLAS IN GERONA
(Nach Ferencz)

Muttergottesbildes.
Neu gestärkt
kehrt die Verlas-
senein ihren drük-
kenden Pflichten-
kreis zurück. Wie
oft sind wir spä-
ter Zeuge ähn-
licher Szenen ge-
wesen , immer
mußten wir jene

DETAIL VOM HOCHALTAR IN GERONA
(Nach Ferencz)

Werken. Ein gebeugtes Müt-
terlein tritt ein. Nur mühsam erweisen die
steifen Glieder dem Gott im Tabernakel ihre
Ehrfurcht. Vordem Bilde des blutüberronnenen
Christus fließen seine Tränen reichlich, die
Arme vereinigt ihr Weh mit dem göttlichen
Dulden. Ein tröstend Lächeln verklärt die
welken, tief durchfurchten Züge beim An-
blicke des freundlichen


musikalische Grüße. Wo einst

die Söhne des hei-
ligen Dominikus
ihrem Segenswer-
ke lebten, sind die
ungestümen Hor-
den des Kriegs-
gottes ein gezo-
gen, denen Scho-
nung gegen künst-
lerische Werke
nur spärliche Lor-
beerkränze ge-
flochten hat. Räu-
men wir geistig
mit wuchtiger
Hand die notdürf-
tigen, alles ver-
unstaltenden Ein-


FENSTER VON EINEM PALAST IN GERONA
(Nach Ferencz)
 
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