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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 7.1915

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Heft 7/8
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Bombe, Walter: Uffizien-Zeichnungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.26376#0168

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UFFIZIEN-ZEICHNUNGEN

gegeben, was die Sammlung an be-
deutenden Arbeiten des großen Mei-
fters aus Cadore befißt. Acht von
diefen Zeichnungen find noch nie-
mals ausgeftellt und photographiert
worden, können daher mit vollem
Rechte als den Fachgenoffen bis-
her unbekannt bezeichnet werden.
Zu diefen gehört die hier abgebil-
dete Federfkizze in ganzer Figur
zu dem Bildnis des Herzogs Fran-
cesco Maria von Urbino (Abb. 7).
Die Körperhaltung und die Einzel-
heiten der Rüftung ftimmen mit dem
bekannten Porträt der Uffizien über-
ein, aber bemerkenswerte Unter-
fchiede liegen in der Struktur des
Kopfes und der Haare, die in der
Zeichnung mehr gelockt und we-
niger dicht find. In beiden jedoch
verbindet fich die fchärffte perfön-
liche Charakteriftik mit vornehmer
Haltung und malerifcher Behand-
lung. Der Herzog war eben von
Capo d’Istria nach Venedig zurück-

Abb. 5. BOCCACCIO BOCCACCINO Uffizien, Hand- gekehrt, als der Papft, der Kaifer

(früher Doffo Doffi), Männerkopf zeichnungsrammiung und Venedig am 31. Januar 1537

die heilige Liga gründeten. Fran-
cesco Maria war im Begriffe, das Kommando zu übernehmen, als er Tizian zu fich rief,
um diefes Bildnis malen zu laffen. Die Zeichnung gehörte Giovanni Morelli und ift
dank freundlicher Vermittlung Guftavo Frizzonis feit kurzer Zeit im Befiß der Uffizien.

Mit Fra Bartolommeo eröffnet der feinfinnige Bilderkenner Conte Carlo Gamba
feine Mitarbeit an der großen Veröffentlichung. Von dem umfangreichen Handzeich-
nungswerke diefes Großmeifters der Florentiner Hochrenaiffance befitjen die Uffizien
eine beträchtliche Zahl von riefigen Kartons, Bildfkizzen und Kompofitionsentwürfen,
die meift der Zeit entftammen, da er des Treibens der Welt müde, im Frieden von
S. Marco feine Tage verbrachte. Wer an den Altarbildern des Frate das Streben nach
ftatuarifcher Wirkung der Geftalten und nach rhgthmifcher Gefchloffenheit der Kompo-
fition als akademifch empfindet und an dem Mangel malerifcher Qualitäten Anftoß
nimmt, der wird an den Zeichnungen, namentlich an den herrlichen Madonnenkompo-
fitionen, denen Raffael fo viel verdankt, (f. Abb. 8) feine Freude haben. Von den hier
ausgewählten Blättern ift der Entftehungszeit nach wohl das frühefte die Federzeich-
nung der Anbetung der Könige, die in der feinen Kreuzftrichtechnik noch an Perugino
gemahnt, während die Aufreihung der Figuren am vorderen Bildrande und ihre primi-
tive Zufammenfaffung in Gruppen den Künftler noch unter dem Einfluffe Ghirlandajos
zeigt. Daneben aber ift unverkennbar das Studium der Anbetung Leonardos, auf die
das Gefolge der drei Könige, die Gruppe der Reiter, die Landfchaft mit ihren Ruinen,

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