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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 7.1915

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Heft 9/10
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Neeb, Ernst: Neuerwerbungen des Altertums-Museums der Stadt Mainz: Plastik des 18. Jahrhunderts
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https://doi.org/10.11588/diglit.26376#0189

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NEUERWERBUNGEN DES ALTERTUMS-MUSEUMS DER STADT MAINZ

Da das Stück an dem bisherigen Standorte in
feiner Erhaltung gefährdet erfchien, überdies der
ganze Bau in abfehbarer Zeit doch fallen dürfte, man
außerdem aber auch es für wünfchenswert und be-
rechtigt hielt, diefes Kunftwerk weiteren Kreifen zu-
gänglich zu machen, wurde feine Überführung in
das Altertumsmufeum der Stadt Mainz bei dem
Militärbauamte Mainz beantragt und im September
diefes Jahres vom Kriegsminifterium genehmigt.

Die Zufchreibung des Werkes an Johann Peter
Melchior ftütjt [ich auf die Angabe in Meufels teut-
fchem Künftlerlexikon, 2. Aufl. 1809, Band 2, S. 39:

„Zu feinen (Melchiors) großen Arbeiten gehören fol-
gende: Ein Epitaphium von fchwarzem Marmor und
Alabafter auf den kurmainzifchen Dompropft von
Breidbach in der Domkirche zu Mainz.1

Das Bildnis des Kurfürften Emmerich Jofef
von Mainz im Profil mit zwey Kindergenien,
im Sandftein in der Reitfchule zu Mainz.

Die Statue des hl. Johann von Nepomuck in priefter-
licher Kleidung in weißem Sandftein, fechs Schuh groß,
vor dem Spegerer Thor zu Frankenthal (1784)“ (das
zulefet genannte Bildwerk ift heute nicht mehr vor-
handen).

Bei unferer Gruppe an Melchiors Urheberfchaft
zu zweifeln, liegt kein Grund vor. Abgefehen von
diefer ganz beftimmten Nachricht, fpräche auch fchon
die Güte der Arbeit dafür.

Zum erftenmal veröffentlicht wurde unfere Gruppe
bei Hirth, Deutfch-Tanagra (Kollektion Georg Hirth)

Band I, S. 38; hier leider nach einer Photographie, die zwar das Ganze noch in einem
etwas befferen Erhaltungszuftande, aber furchtbar übertüncht wiedergibt, fo daß von
den Feinheiten hier nichts zu erkennen ift.

Der Kopf des linken Putto ift jeßt abgebrochen, hat fich aber noch vorgefunden
(für unfere Aufnahme wurde er vorübergehend aufgefeßt, erft wenn die Gruppe ihre
endgültige Aufteilung gefunden hat, kann er fachgemäß befeftigt werden). Befchädigt
find ferner die Nafen, fowohl die des Kurfürften, wie auch die der Putten, ebenfo
auch eine Hand und ein Fuß des einen der Putten. Sonft ift das Werk, dank der
häufigen Übertünchungen, gut erhalten.

Der Block felbft ift aus drei Stücken zufammengefeßt. Es ift, wie Meufel fchon
angibt, ein weißer, feinkörniger Sandftein, der wahrfcheinlich vom oberen Maine ftammt,

Äbb. 4. Maria immaculata

1 Schon Risbedc, Briefe eines reifenden Franzofen (1783) Band 2, S. 429, nennt Melchior
als Meifter diefes Denkmals. Bemerkt aber dabei: „Die Arbeit ift vortrefflich, würde aber noch
viel fchöner fein, wenn der Künftler feine eigene Idee hätte ausführen dürfen.“ Offenbar mußte
alfo Melchior bei dem Entwürfe oder bei der Ausführung des Denkmals felbft dem Gefchmacke
des Auftraggebers oder dem feiner künftlerifchen Beiräte Rechnung tragen. Näheres über das
Denkmal in dem 1915 erfcheinenden Bande II (Dom) der Kunftdenkmäler der Stadt und des
Kreifes Mainz.

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