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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 7.1915

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Heft 9/10
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Neeb, Ernst: Neuerwerbungen des Altertums-Museums der Stadt Mainz: Plastik des 18. Jahrhunderts
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https://doi.org/10.11588/diglit.26376#0190

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NEUERWERBUNGEN DES ALTERTUMS-MUSEUMS DER STADT MAINZ

Abb. 5. Äntinous Abb. 6. Juno

Alabaftermedaillons von Landolin Ohmadit

und infolge feiner weichen Struktur eine fehr feine Modellierung in den Einzelheiten
geftattet. Der Aufbau der ganzen Gruppe ift aus unferer Abbildung zu erfehen. Auf
der Rolle, die der rechte Putto hält, war noch in fchwachen Spuren der aufgemalte
Grundriß der Reitbahn zu erkennen. Urfprünglich fcheint überhaupt das ganze Bild-
werk, dem Gefchmacke der Zeit entfprechend, weiß bemalt gewefen zu fein. Die bis
ins Kleinfte mit Sorgfalt durgeführte Ausarbeitung der Einzelheiten zeigt, wie der
Schwerpunkt von Melchiors Technik mehr nach der Seite der Kleinplaftik liegt. Ganz
vortrefflich behandelt find die beiden Putten; auch fie find „mit andern, milder gewöhnten
Augen als Rubens" gefehen. Die überquellenden Falten der weichen Haut, das fpeckige
Fleifch diefes Kinderkörpers, alles ift nicht ftrofeend und derb wie bei Rubens, fondern mehr
mit tändelnder Zierlichkeit und immer noch „mit der Delikateffe des jüngftvergangenen
Gefchmacks“ des Rokoko zum Ausdruck gebracht. Das im ovalen Rahmen ftehende
Profilbild des Kurfürften felbft gleicht bis in Einzelheiten genau dem auf dem Medaillon
aus der Sammlung Megger in Frankfurt a. M., das ebenfalls eine Arbeit Melchiors ift
(abgebildet bei Zais, Porzellanmanufaktur zu Höchft, Titelbild), nur ift hier die Dar-
ftellung im Gegenfinne gefaßt. Die Fläche des Ovals felbft ift fein gerauht, wie wir
es ganz ähnlich, auch bei den Biskuitmedaillons jener Zeit finden. Die Reliefbüfte
hebt fich dadurch fchärfer und plaftifcher vom Hintergründe ab.

Zur Kenntnis und zur Würdigung Melchiors als Bildhauer im eigentlichen Sinne des
Wortes, dürfte gerade unfere Gruppe insbefondere auch im Zufammenhange mit des
Meifters Arbeiten am Denkmale des Dompropftes von Breidbach ein wichtiges Glied in
der Reihe feiner Werke bilden; zumal da die hier genannten Großplaftiken die einzigen
zu fein fcheinen, die bis jeßt von Melchiors Hand bekannt find. Vielleicht läßt fich
aber gerade in Mainz noch das eine oder andere Werk des Meifters nachweifen.

Gleichzeitig mit Melchior wirkte in Mainz der Bildhauer Joh. Seb. Pf aff, der der

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