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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 7.1915

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Heft 11/12
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Lemberger, Ernst: Beiträge zur Geschichte der Miniaturmalerei, [3]: deutsche Miniaturmalerei zur Zeit der Freiheitskriege
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https://doi.org/10.11588/diglit.26376#0237

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BEITRÄGE ZUR GESCHICHTE DER
MINIATURMALEREI

DEUTSCHE MINIÄTURMÄLER ZUR ZEIT DER FREI-
HEITSKRIEGE ifi.it 10 Abbildungen / Von ERNST LElftBERGER

Zur Zeit Friedrichs des Großen [tand die Kunft der Bildnisminiaturmalerei in Deutfch-
land in Blüte. Die politifchen Stürme aber, die der Jahrhundertwende kurz voraus-
gegangen waren, die großen Ereigniffe, die ihr unmittelbar folgten, lähmten alle
kunftfördernden Beftrebungen. Unter donnernden Kataklysmen ging die Weltgefchichte
ihren Gang. Und in die blutroten Wirbel der Zeit wurden auch die Miniaturmaler,
die Jünger der zarteften und pretiöfeften aller Künfte, hineingeriffen. In Norddeutfch-
land wirkten damals mehr als hundertfünfzig Porträtminiaturiften. Die meiften lebten
in Berlin, wir begegnen aber auch einigen in Breslau, Königsberg und an andern
Orten. Trieb die Not der Zeit viele zu den Fahnen, zwang die Zeit der Not die
Fleimgebliebenen zu Schleuderpreifen zu malen, um nur das tägliche Brot zu verdienen.
Es gab damals in Berlin Künftler von Ruf, die ein Miniaturporträt fchon für — einen
Taler malten! Und da es felbft dafür nicht immer Arbeit gab, fuchten fie fich durch
Unterrichtsftunden im Zeichnen und Malen fortzubringen. Andere wieder verließen
die Heimat, fuchten ihr Glück in
der Fremde und kehrten erft wie-
der nach Deutfchland zurück als
der Sturm verbrauft war.

Ein Berliner Brief der Leip-
ziger „Zeitung für die elegante
Welt“ vom 29. April 1808 fchil-
dert die Lage treffend: „Die Aka-
demie der Künftler hat, da fich
fehr viele Künftler wegen Mangel
an Verdienft in fehr bedrängten
Umftänden befinden, zumal fie
auch von ihren eben auch nicht
großen Penfionen nur fehr wenig
ausgezahlt erhalten, bei dem König
darauf angetragen, wieder eine
öffentliche Ausftellung veranftal-
ten zu dürfen; dieß ift genehmigt
und fie wird im Monat May Statt
haben . . . Die Porträtmalerei ift
überhaupt noch der ergiebigfte
Zweig für die Maler, denn die
franzöfifchen Offiziere laffen fich
fehr häufig, befonders en minia-
ture, malen.“

Zu den intereffanteften Per-
fönlichkeiten Berlins um 1810
zählten wohl die drei Grafen von
Chamiffo: Hippolyte, Charles und

Abb. 1. KARL JOSEF ALOYS AGRICOLA, Theodor Körner

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