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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 22.1930

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Heft 2
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.27696#0080

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Kalifala Sidibe Dorffest

Ausgestellt in der Galerie Alfred Flechtheim, Berlin

RUNDSCHAU

ABBRUCII DES WALLRAF - RICHARTZ -
MUSEUMS?

In Köln spielt man gegenwärtig mit Erwägungen,
<lie, wenn sie in irgendeiner Forrn entschlußreif
werden sollten, für die amtliche Kölner Kultur-
politik wahrlich keine Erhöhung ihres Ansehens
bedeuten würden. Man darf die Frage, oh das
zu Beginn der sechziger Jahre von dem Kölner
Kaufmann Richartz der Stadt Köln gesclionkte Ge-
bäude des Wallraf-Richartz-Museums ein heute
noch idealer Museumsbau ist, ruliig verneinen,
ohne sich gleich der extremen Ansicht verdächtig
zu machen, daß der Bau eine geistige Äufgabe
nicht mehr erfüllen könne. In Köln aber, wo ge-
rade die reaktionärsten Elemente leicht einem
Scheinrebellentum verfallen, wenn es ihrer rein
materialistischen Welteinstellung günstig erscheint,
ventiliert man allen Ernstes, ob es besser sei, die
Richartzsche Baustiftung samt dem eingebauten
alten Klosterhof und den an entzückenden Details
so reichen Wandmalereien Eduard von Steinles zu
eioer Börse umzumodeln oder auf Abbruch an
ein privates Geschäftsunternehmen zu verkaufen,
um mit dem Erlös ein neues Museum im Grün-
gürtel oder sonstwo zu erbauen.

Der Fluch einer solchen Tat müßte fortzeugend
Böses gebären. Eine Stadt wie Köln, deren höch-
ster Besitz das architektonische Erbe der altchrist-
lichen Sakralwelt ist, sollte alles vermeiden, wasda-
zu führt, dies Erbe in der Unwirtlichkeit eines
wachsenden Citybelriebs zu vereinsämen; sie sollte
vielmehr, allein schon im Interesse ihrer Bedieu-
tung als Fremdenstadt, alles daran setzen, denAlt-
stadtbezirk auch als Wohnbezirk zu pflegen und
als geistige Bildungszelle zu heben; sie sollte die
in der Altstadt der Allgemeinheit vorenthaltenen

Platz- und Gartenräume (z.B. Garten der Regie-
rung, Park des Erzbisehofs) als kostbares Mate-
rial verwenden im Plan der so lange schon pro-
jektierlen innenstadträumlichen Gesundung. Auch
für den Kunst- und Altertumsfreund heißt es
heute in städtebaulichen Möglichkeiten zu den-
ken, sonst ist es mit daran schuld, wenn sein Hei-
ligtum vor die Iiunde gerät. Für Ivöln, die Zwei-
lausend jahrstadt, giit es, das Geschäftsleben in
wirtschaftspsychologisch und städtebaulich plan-
voller Weise von den gefährdeten Ewigkeitswer-
ten hinweg in verkehrs- uncl wirtschaftstechnisoh
geeignetere Quartiero zu drängen und alle sich neu
bildenden Siedlungsbezirke geschäftlich weit mehr
als bis jetzt beabsichtigt, auf sich selber zu
stellen, damit die Käuferschaft der Vororte gar
nicht mehr in Versuchung gerät, massenhaft sich
in den historisch hochwertigen Altstadtkern zu
werfen und sich dort zur eigenen Qual zu stauen.
Eine nur nocli zu Einkarifszwecken aufgesuchte
und nur schwach noch bewohnte, eine von Wohn-
wie Bildungsgeist gleichermaßen entblößte histo-
rische Kirchenstadt von der weltweiten Bedeutung
Altkölns, in der Geschäftspaläste von vulgärster
und verlogenster Architektur die Führung haben,
ist für jeden in urbanen Formen, d. h. in sinn-
voll geordneten Flächen, lläumen und Körpern
denkenden Großstädter der unerquicklichste An-
blick und für Ivöln — wie schon heute an der
Stalistik der llotels statistisch bewiesen — ein un-
fehlbarer Fremdenschreck.

Die Auflösung des Museumskomplexes Wallraf-
Richartz, in welcher Weise man sie sich auch im-
mer verwirklicht denken mag, würde bedeuten die
Entweihung der Minoritenkirche (einer Schöpfung
des i3. und i!\. Jahrhunderts) und ihres mit dem

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