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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 22.1930

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Heft 4
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Sammler und Markt
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https://doi.org/10.11588/diglit.27696#0144

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Kopf des Hermes

Versteigerung der Saminlung Lansdowne am g. März
bei Christie, Manson & Woods, London

Büste eines jugendlichen Siegers (Nr. (io). Hübsch
in der Bewegung sind einc elegante Parisstatue
(Nr. 90) und der Apoll Sauroktonos (Nr. 91), letz-
terer eine schwache Nachbildung desselben The-
mas von Praxiteles (Louvre!).

Eine künstlerisch weniger bedeutende Schöpfung
der römischen Antikc ist die monumentale Marc-
Aurel-Statue (Nr. 17), bei der man über die Zu-
sammengehörigkeit von Kopf und Figur verschie-
dener Meinung ist.

Von demVielen, was noch zu nennen wärei, möchte
ich eine Thermenfigur lierausheben, die Gestaltung
eines Mädchens mitKrug (Nr. 4i), deren Ivopf ab-
sichtlich im Stii der Zeit der Perserkriege gebildet
ist, deren Gewand aber mit seiner feinen Fältelung
und stofflichen Charakterisierung eine erheblich
spätere Stufe der Entwicklung verrät. Erwähnens-
wert ist ein attisches Hochrelief mit dem Titel
»Homer in Gedanken über diellias« (Nr. g3), eine
gut erhältene Ifermesstatue des 4- Jahrhunderts
(Nr. 1 o4), eine Zeusbüste (Nr. 35), das Fragment
eines atlischen Grabreliefs von der ersten ITälfte
des 4- Jahrhunderts (Nr. 83),einigerömische Grab-
denkmäler (z. B. Nr. 73, 74)‘-

Den allgemeinen Charakter der Sammlung verlas-
sen wir mit zwei assyrischen Reliefs, dem Frag-
ment eines Wagenlenkers mit zwei Pferden (Nr. 5o)
und demjenigen eines Eunuchen (Nr. 5i), die von
Khorsabad stammen und verwandten Werken im
Britischen Museum gleichen.

Schließlich reiht sich an die Sammlung noch eine
Venus Canovas (Nr. 120), fast identisch mit dem
Exemplar in der Galerie Pitti und das angeblich
letzte Werk des Meisters, eine äußerst reizvolle,
schlafende Nymp'he (Nr. 119). h. rosenbaum

BERLINER VERSTEIGERUNGEN

Die Sammlung Vieweg
Die Sammlung Vieweg, in ihren Anfängen auf die
in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts zusam-
mengebrachte Kollektion des Finanzrates Heinrich
Wilhelm Campe, eines Mitgliedes der bekannten
Verlegerfamilie zurückgehend, gehörte, trotzdem
einige ihrer Cbjekte auf der Kunstschutzliste stan-
den, zu den am wenigsten bekannlen deutschen
Privatsammlungen überhaupt. Im 19. Jahrhundert
dauernd erweitert, hat die Sammlung ihr heuti-
ges Aussehen durch Campes Schwiegersohn Eduard
Vieweg, vor allem aber durch seinen Enkel Ilein-
rich Vieweg, den Wilhelm von Bode beraten hat,
erhalten. Nach dem Tode ITeinrich Viewegs (1890)
war die Sammlung im wesentlichen abgeschlossen.
Ihrc Versteigerung am 18. März durch Lepke be-
deutet für den Berliner Kunstmarkt ein Ereignis
besonderer Art.

Die Zahl der seltenen und hervorragenden Werke
aus allen Gebieten ist überraschend. An erster
Stelle stehen die Gemälde, die trotz einiger Bei-
spiele deutscher und italienischer Malerschulen vor
allem Arbeiten niederländischer Meister zeigen.
Das früheste Bild der Sammlung ist eine Madonna
in Halbfigur, die lange Zeit als Werk des Dirk
Bouts galt, aber von einem anonvmen Brüsseler
Meister um 147 :o/i48o geschaffen wurde. Typi-
sclie Arbeiten Jan Provosts sind die beiden Altar-
flügel mit Johannes dem Täufer und einem heili-
gen Mönch. Provosts stehen auch zwei Fliigel mit
Stifterbildnissen in Halhfigur und individueller
Porträtauffassung nahe. Leicht erkennbare Arbei-
ten von guter Qualität rühren vom Meister der
weiblichen Halbfiguren (hl. Magdalena) und Am-
brosius Benson (Madonna) her. Von kunstge-
schichtlicber Bedeutung ist eine auigezeichnete
Darstellung der »Ruhe auf der Flucht nach Ägyp-
ten« von Scorel, die kompositionell und kolori-
stisch in die Nähe der Magdalena des Rijks-Mu-
seutns gehört. Zur Kunst des 17. Jahrhunderts lei-
ten einige Landschafts- und Genrebilder des la-
cob Grimmer uncl Sebastian Vraucx über. Hier
übertrifft Jacob van Ruisdaels »Bleiche von Haar-
lem«, die im ersten Bande des »Unbekannten Mei-
sterwerks« die verdiente Würdigung finden wird,
alle anderen Bilder der Sammlung Vieweg an Größe
der Konzeption und Erhaltung. Wenig nur stehen
 
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