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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 22.1930

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Heft 11
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.27696#0344

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Anton Graff Selbstbildnis

Aus der Ausstellung im Museum der Schönen Kiinsle,
Moskau

Werther-Bild besitzt, und schließlich Karl Bar-
dua, der viele kleine Bildnisse in Rußland hinter-
lassen hat. Angelica Kaufmann scheint bei
russischen Amateuren ihrer Zeit viel Glück ge-
habt zu liaben, da ihre großen Gemälde eine ganze
Wand der Schau mit korrekt akademischer Kunst
füllen, darunter das bekannte Selbstbildnismitden
zwei Musen. Aus der Eremitage kommt ein Brust-
bild, das wohl nur versehentlich als zweites Selbst-
porträt der Künstlerin im Katalog figuriert, da
es weder ihre Züge noch Malweise aufweist. Yon
ihren schweizer Landsleuten fesselt der treffliche
Anton Graff mit einem expressiven Selbstpor-
trät, und Winterhalter zeigt wiederum, daß er
ein nur sehr mittelmäßiger Porträtist war, doch
mit Geschick und Geschmack das Zeitlich-Modische
seiner aristokratischen Modelle zu fixieren ver-
stand. Den Kreis erweitern G r a s s i, dessen re-
pi'äsentativ-romantisches Bildnis eines Fürsten Tru-
betzkoj nebcn einem wohl mit Recht Füger zu-
geschriebenen schönen Damenporträt die Glanz-
stücke der Ausstellung bildcn, sowie ferner F r.
Aug. Tischbein, J. Stieler (Eugen Beauhar-
nais) und einige andere. —

Die Schau deutscher Reklame- und Kleingraphik,
die nach einer Tournee durch die Sowj'etukraine
nunmehr in Moskau landete, ist vom »Bunde deut-
scher Gebrauchsgraphiker« in Gemeinschaft mit der
»Gesellschaft für kuRurelle Verbindung der Sow-

jelunion mit dem Auslande (WOKS)« arran-
giert worden. Das gesammelte Material, wenn
auch nicht allerneuesten Datums, brachte Pro-
ben aus all den zahlreichen Zellen des wirt-
schaftlichen Lebens, wo moderne Graphik Yer-
wendung findet, und gab einen Querschnitt
durch das Schaffen deutscher Graphiker auf
besagtem Felde. Viel Bewunderung erregte spe-
ziell das hohe Niveau der polygraphischen
Drucktechniken in Deutschland, das in den
meisten exponierten Blättern zutage trat. —

P. Ettinger

NEUES VON DEN AMERIKANISCHEN
MUSEEN

Im New Yorker MetropolitanMus eum
gab es jüngst zwei Festtage. An dem einen
wurde die dem Museum hinterlassene, in ihrer
Reichhaltigkeit erstaunliche Sammlung der ver-
storbenen Mrs. H. 0. Havemeyer mit gewissen,
durch Raummangel erzwungenen Einschrän-
kungen erstmals ausgestellt. Sie wird in ihrer
Gesamtheit bis nächsten November zu sehen
sein. Dann werden die einzelnen Werke nach
Schulen uncl Gebieten aufgeteilt werden. Mrs.
Ilavemeyer begann mit dem Sammeln franzö-
sischer Impressionisten, wobei sie von ihrer
Freundin Mary Cassat auf das beste beraten
wurde. Ganz besondere Vorliebe hatte sie offen-
bar für Courbet und Degas, während Renoir
ihr ferne stand. Von ihm erwarb sie nur ein
einziges Gemälde, allerdings ein ganz wundervol-
les. Von den damals »Modernen« wandte sich ihr
Interesse auch den alten Meistern zu, meist sol-
clien, die als Vorläufer der Moderne angesehen
werden können, vor allem E1 Greco und dann auch
Goya. Die größten Perlen ihrer Sammlung sind
des Greco monumentales und von spotanem Le-
ben erfülltes Bildnis des Großinquisitors und des
Meisters unerhörte, fahle Landschaft von Toledo,
wohl die erste expressionistische Landscliaft. Von
besonderer Bedeutung sind noch einige Rem-
brandt- und Frans Hals-Bildnisse: dann ein etwas
isoliert dastehendes Männerporträt des ITugo van
der Goes. Von Ilembrandt finden sich auch meh-
rere vorzügliche Handzeichnungen und Radierun-
gen, darunter das Hundertguldenblatt. Charakteri-
stisch für die Sammlerin ist die Tatsache, daß sie
von Corot Figurenstücke den silbrigen Nymphen-
tanzlandschaften vorzog, und daß sie Daumier und
Cezanne zu würdigen wußte. Degas ist so glänzend
in ihrer Sammlung vertreten, daß nun das Metro-
politan Museum plötzlich mit zur wichtigsten
Stätte für das Studium dieses Meisters geworden ist.
Überhaupt schließen sich mit den Beständen die-
ser Sammlung manche empfindliche Lücken des
Museums. Die Zahl der Plastiken ist beschränkt.
Hervorragend sind ein Relief »Madonnamit Kind«
von Mino da Fiesole, ferner der frühe französische
Ivopf eines Königs aus dem i3. Jahrhundert und

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