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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 22.1930

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Heft 11
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.27696#0351

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lands von der Wiedereinführung des Christentums
im anglo-sächsischen Staat bis zur Reformation.
Am besten lassen sich in ilirer chronologischen
Folge die ausgestellten Buchminiaturen studieren.
Aus dem 10. Jahrluindert birgt das Benedictional
of St. Aethelwold (Duke of Devonshire) pracht-
volle Illustrationen, das 11. Jahrhundert ist mit
der bekannten Gospelschrift des Pembroke Col-
lege in Cambridge vertreten, aus dem i2.Jahr-
hundert stammt der Eadwine Psalter, der eine
Kopie des Utrecht-Psalters ist (Trinity College
Camhridge) sowie Bibelillustrationen (Winchester
Cathedral und Mr. J. P. Morgan), das i3. Jahr-
liundert wird großartig repräsentiert durch Mor-
gans Windmill Psalter. Unter den Bildern ragt das
ganzfigurige Bildnis König Richard II. auf dem
Thron von um i4oo aus Westminster Abbey her-
vor, unter den bedeutenden Skulpturen ist die
Moses-Figur des Yorkshire Museums von.um 1200
ein besonders interessantes Stück. Zu den erlesen-
sten Stücken des altenglischen Kunstgewerbes, von
dem das Victoria and Albert Museum von seinen
eigenen Schätzen das meiste bieten kann, gehört der
Gloucester Kandelaber vom Beginn des i2.Jahr-
hunderts. Das Gesamtbild, das man auf der Aus-
stellung gewinnt, vermittelt den Eindruck, daß die
englische Kunst jener Epoclie zwar erfindungs-
reich und eigenartig ist, im Gegensatz zur konli-
nentalen Kunst aber an einer seltsam matten
Weichheit und Aktionslosigkeit zu erkennen ist.
Der Burlington-Klub veranstaltet eine privateAus-
stellung der »Kunst dunkler Jahrhunderte«, über
die wir im nächsten Heft berichten werden.

h, r.

OLDENBURG i. 0.

Wilhelm-Tischbein-Ausstellung
Von Ende Juli his Mitte September wird das Lan-
desmuseum in Oldenburg das künstlerische Le-
benswerk Joh. lleinr. Wilhelm Tischbeins, des ein-
stigen Hofmalers und Begründers der Galerie in
Oldenburg, zum erstenmal in einer umfassenden
Ausstellung zeigen. Das Ziel ist dabei, die Art Wil-
helms gegen die seiner zahlreichen malenden Ver-
wandten schärfer als bislier abzugrenzen und das
Bikl seiner Persönlichkeit konkreter und differen-
zierter erstehen zu lassen, als es die allgemeine
Vorstellung, die nur den Goethe-Maler und den
sich abquälenden Klassizisten kannte, liislang er-
laubt hatte. Daher werden besonders die Anfänge
und die Leistungen des Malers als Porträtisten hö-
fischer und bürgerlicher Kreise des späten Rokoko
und Zopfes zur Geltung gebrachl werden, da-
neben die anderen meist übersehenen Neigungen
und Bestrebungen dieses vielseitig anregbaren Man-
nes, das Bemühen um das Geschichtsbild, diepoeti-
schen Träumereien des Romantikers, die Liebe zu
Tierwelt und Tierfabel, die innere Beziehung zu
religiös-kirchlichen Stoffen und schließlich die
Auswirkung auf kunstgewerblichem Gebiete.

J. H. W. Tischbein

Bildnis der Schaupielerin Doebbelin. 1778
Stich von Daniel Berger

Ausgeslellt im Landesmuseum Oldenburg

Die Hinterlassenschaft des Malers ist sehr weit ver-
streut. Es ist noch nicht gelungen festzustellen,
wo mehrere Bilder, die fiir die Vollständigkeit von
besonderem Inleresse sind, sich verbergen. Von
den nach dem Deutschen Merkur 1781 über 5o in
Berlin (1777 bis 1779) entstandenen Bildnissen
sind nur wenige mit Namen bekannt, es sind die
Porträts der Königin Elisabeth Christine, der Prin-
zessin Ferdinand, des Ministers von Finckenstein
in der Tracht des Johanniterordens, des Ministers
von llertzberg, Gruppenbilder der Familie des
Prinzen Ferdinand und der des Grafen Lehndorff,
schließlich die Schauspielerin Doebbclin als Ari-
adne (vgl. den Sticli von D. Berger nach Tisch-
bein). Zuvor werden schon die Bildnisse der Land-
gräfin Philippine von Hessen und eines Prinzen
von Württemberg erwähnt. In wessen Besitz sind
diese Arbeiten heute? Und gibt es irgendwelche
Spuren der anderen namenlosen, für die vorläufig
kein Anhalt besteht? Da einzelne dieser Porträts
nachweislich in mehreren Exemplaren vorhanden
waren, dürften Nachforschungen aussichtsreich
sein. Die Museumsdirektion wäre für jeden Fin-
gerzeig dankbar. Auch aus den Jahren in Neapel
(1787 bis 1799) fehlen eine Anzahl von Bildnis-
sen, die sich aber vielleicht noch rekognoszieren
lassen: Kronprinz von Neapel, Erbprinzessin Marie

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