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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 22.1930

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Heft 12
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.27696#0375

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CßZANNES DENKMAL

Als ganzseitige Abbildung geben wir heute das
Denkmal, das Maillol dem Andenken Cezannes ge-
widmet hat. Eigentümlich ist seine Geschichte.
Schon igi3 hatte der große Bildhauer zu arbeiten
angefangen. Während des Krieges hörte er nie auf,
daran zu dcnken. Nachher aber ließ er sich durch
andere Aufträge aufhalten und zum großen Arger-
nis des Ausschusses, der sich gebildet hatte, stock-
ten die Arbeiten. Übrigens war man nicht im kla-
ren iiber die zukiinftige Aufstellung des Werkes,
Zuerst hatte man Aix-en-Provence, Cezannes Ge-
burtsort, ausersehen. Später entschloß man sicli
für Paris, aber das Denkmal wanderte von Platz
zu Platz, und Maillol war nie zufrieden. Endlich
befalil der Direktor der Beaux-Arts, Paul Leon,
das Denkmal in der jetzigen Umgebung aufzu-
stellen. Wie so oft hat der Zufall besser als die
klügsten Absichten gewirkt. Man würde gern glau-
ben, daß das Werk gerade fiir seinen jetzigen Platz
geschaffen wurde: rechts und links bilden die
Treppen den edelsten Rahmen, und über die Ter-
rasse fügen sich als Kulisse die Bäume und dic
Orangerie. Der Maler Maurice Denis, einer der in-
timsten Freunde Maillols, schrieb vorsichtig in sei-
nem Buch iiber den Bildhauer: »Ich will nicht ent-
scheiden, ob das Denkmal Cezannes komplexe
Kunst sinnbildlich richtig darstellt, gewiß aber ist
es eine Huldigung an die klassische Kunst.« Jeder
wird dasselbe empfinden und bemerkcn, daß, um
den Maler zu feiern, der sich docli nie vollkom-
men von den Schwierigkeiten der Malerei loszu-
lösen vermoclite, Maillol, der gewöhnlicli die unter-
setzten Formen vorzieht, gerade die eleganteste,
die schlankste seiner Frauen geschaffen hat. Aber
daran liegt wenig. Mag man aucli nicht viel an
Cezanne denken, bleibt doch das Werk mit dem
Geist des Königlichen Gartens, der es urngibt,
merkwürdig im Einklang. P. Ch.

KASSEL

Kubin imKunstverein / Wanderausstellung

Kasseler Künstler

In einer gulen Auswalil aus dem Gesamtwerk des
österreichers gibt der Kunstverein einen Überblick
über das bisherige Schaffen Kubins. Wir erkennen
die Stilwandlungen der Handschrift, die allmähli-
chen Verschiebungen und Erweiterungen seines
Darstellungsgebietes, das aber immer in den Gren-
zen einer dämonischen Welt phantastisch-grotesker
Zwischenreiche geblieben ist.

Die Ausstellung der teilweise kolorierten Iland-
zciclmungen aus dem Besitz des Ivünstlers und des
Kubin-Archivs in Hamburg wird noch durcli litho-
graphierte und gcdruckte Blätter ergänzt. — Der
folgende Monat soll eine Ausstellung von neuen
Arbeiten Felixmüllers, der Hanna Metzger und
Imre Reiners bringen.

Der Kasseler Kunstverein stellt eine Wanderschau
von Gemälden und Skulpluren hiesiger Künstler

zusammen, die zuerst in Mannheim (Eröffnung:
i5. Juni) gezeigt werden soll und von dort über
lleidelbcrg an andere Städte weitergeleitet wird.
Beteiligt sind die Kunstakademie mit Burmester,
Nebel, Witte, dann die Malergruppc der »Sieben«:
Beyer, Bode, Döbel, Leyhausen, Piitz und Sclmei-
der, außerdem die Sezession mit ihren Kasseler
Mitgliedern Anlialt, Derscli, Ivneisel, Reinliold,
liohleder und Lola Schwarzenberg. Von den übri-
gen Künstlern sind vor allem Walter Scliliephacke
und die Bildhauer Lehmann und Wachsmuth zu
nennen. Paetow

KUNSTAUSSTELLUNG AUS 1)EUT-
SCIIEM HÄNDLEltBESITZ IN KÖLN
Direktor Buchner vom Wallraf-Richartz-Museum,
der diese Ausstellung, analog der vorjährigen Am-
sterdamer Ausstellung aus holländischem Besitz,
im Kölner Kunstverein aufgebaut hat, betonte bei
der Eröffnung, daß ihn nicht Namen, nicht histo-
risches, nocli antiquarisches Inleresse, sondern al-
lein die Sorge um den künstlerischen Wert bei sei-
ner Auswahlarbeit geleitet hätte, und daß einzi-
ger Zweck der Aufreihung dieser ausschließlich
deutschem ITändlerbesitz entnommenen Kostbar-
keilen sei, die Frcude am edlen Kunstwerk zu
vcrtiefen. Völlige Freiheit des Bekenntnisses zu
individuellen Abneigungen und Vorlieben wird zu-
gestanden, ja wird gewünscht, wird betrachtet als
Voraussetzung zu einer geistig-leidenscbaftlichen
Anteilnahme an dem Gebotenen. Von Künstlern
des Barock steht im Mittelpunkte des Erlebens
Greco, wie von Künstlern des Mittelalters Meister
Bertram, wic von Künstlern jenes cleutschen Zwi-
schenalters, das mit Daten kaum zu umgrenzen ist,
der Meister Muelich (vgl. Cicerone ig3o, Nr. 8)
und — früher — der »Meister der vierziger Jahre«
und — wieder früher — jener oberdeutsche Por-
trätist, den als Grünewald zu kennzeichnen H. H.
Naumann sein gedankenreicbes Buch geschrieben
hat, den des ungeaclitet Buchner als jungen Burgk-
mair glaubt ansprechen zu dürfen. Untcr dieStim-
men, die man wägen und nicht zählen soll, ge-
hören cinige Köstlichkeiten aus dem Licktkreis
des Begriffs Van Eyck: eine der Van Eyckschen
Schule unmittelbar angehörende Osterszene, eine
Verkündigung und einige Bildnisbruchstücke des
Meisters der Magdalenenlegende und eine demAel-
bert Bouts zugescbriebene Gruppe. Ileiliger Büli-
nenraum, in dem auch die wenige, erlesene Plastik
steht, worunter cine böhmisch-österreichische und
eine kölnische Mutter Gottes jenem letzten Vor-
realismus angehören, der noch die Kunst eines Mei-
sters Bertram trägt und sie zauberhaft über allen
kommenden Gestaltwandel hinaushebt. Aus dem
Vielen, was zu nennen und zu preisen übrig bliebe,
sei einzig noch dor frühen Miniaturcn und Zeich-
nungen gcdacht, weil sie erfahrungsgemäß bei sol-
clien auf Repräsentation gestelllen Darbiclungen
vom großen Publikum geflisscntlich mißachtet

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