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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 22.1930

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Heft 12
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Sammler und Markt
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https://doi.org/10.11588/diglit.27696#0378

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Palace zu sehen; erlebte auch einige Enttäuschun-
gen, wie bci dem sehr verdorbenen ßilde aus Ru-
mänien (»Hamann um Gnade bittend«),

Nicht alle ausgestcllten Bilder waren gleich gut er-
hallen, was den Eindruck oft beeinträchtigte.
Einige Rembrandts wurden mit Recht angezwei-
felt. Darüber sollte man niclit deballicren, denn
ein zwingender Beweis für oder gegen die Eigen-
händigkeit eines Rembrandt läßt sich nicht immer
aufbringen. Namentlich bei den Rembrandt-Bil-
dern aus englischem Adelsbesitz, die als solche in
dem Band »Klassiker der Kunst« aufgenommen
und die nur bei seltener Gelegenheit zu sehen
sind, ist eine Kritik sehr am Platze. Der Yerfasser
sah in der letzten Zeit mehrere Rembrandts in
englischem Privatbesitz, die ihm mehr als frag-
würdig erscheinen (so z. B. »der Zinsgroschen« des
Lord Allendale — wohl Eckhout; Selbstbildnis
im Besitz des Marques of Lothian ■—■ unmöglich
Rembrandt; ebenso unmöglich der Studienkopf
aus demselben Besitz — um nur einige Beispicle
anzugeben). Schon in diesem Zusammenhang be-
dauert man, daß die eigentliche Rembrandt-
Schule nicht gebührend vertreten war. Die Be-
schränkung im wesentliclien auf Iv a r e 1 und B a -
rent Fabritius scheint nicht gerechtfertigt. Der
hohen Einschätzung von Barent Fabritius
können wir nicht folgen. Barent war ein begabter,
aber durchaus unselbständiger Maler, eigentlich
ein sehr geschickter Pasticheur; siclierlich war Ba-
rent sehr talentiert, für malerische Werte emp-
fänglich und anpassungsfähig, trotzdem darf man
ihn nicht für jedes absonderliche Werk der Rem-
brandt-Schule verantwortlich machen.

Unter den neuen Zuschreibungen an Barent ist
durchaus überzeugend diejenige des Bildes in
Innsbruek. Barent Fabritius war überhaupt eines
der wenigen Probleme dieser Ausstcllung, in der
sonst nur klare und anerkannte Meister trium-
phierten: Steen, Terborch, Metsu, Ver-
meer als Genremaler, Aelbert Cuyp, .lacob
Ruisdael und Cappellc als Landschaftsmaler.
Wie erinnerlich, und wie es Brauch auf den gro-
ßen Ausstellungen im Burlington Ilouse ist, schloß
sich an die Bilderreihe eine erlesene Auswahl der
Zeichnungen an.

Für die Bilder des Commemorative-Catalogue ist
Dr. Schneider verantwortlich, einer der überlegen-
sten Kenner auf dem Gcbiete der holländischen
Malerei. Mit ihm bedauern wir selir, daß die Ab-
bildungen nicht so ausgefallen sind, wie es zuwün-
schen wäre.

VERSTEIGERUNG DER SAMMLUNG FIGDOR
Daß die Auktion der Sammlung Figdor zu einem
der bedeutsamsten Ereignisse des Weltkunstmark-
tes werden würde, war bei dem lluf der Samm-
lung vorauszusehen. Das Bild, welches der erste
Auklionstag bot, mag einen Voreindruck der kom-
inenden Teilvcrsteigerungen gewähren. Das Publi-

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kum, das der Auktion beiwohnte, hatte internatio-
nales Gepräge. Kein bedeutenderes deutsches Mu-
seum, kein deutscher Händler von Namen, die
nicht bei der Versteigerung vertreten gewesen wä-
ren. Auch der Kunsthandel und die Museumsleute
der Nachfolgestaaten hatten sich bei der Verstei-
gerung ein Stelldichein gegeben. Aus den nordi-
schen Staaten waren die Museen von Kopenhagen,
Stockholm und Oslo vertreten. Das Metropolitan-
Museum in New York hatte Mr. Break entsandt.
Zugegen waren auch einige der bekanntesten angel-
sächsischen Kunsthändler (Harris aus London,
Brummer und Watson aus New York); vonPariser
Firmen: Brimo Bacrie, Demotte, Seligmann; aus
Italien: Lewy, Pollack, Disegni, Dr.Ergas, Sabatello.
Unter den Sammlern erblickte man die Wiener
Rothschild, St. von Auspitz, Graf Seilern, H. von
Lederer, Baron von Thyssen-Bornemisza, ferner
Baron Herzog und Dr. Delmär aus Budapest, Frh.
von Passavant (Frankfurt), Dr. Reber (Lausanne),
Dr. Egli (St. Gallen), Ole Olsen (Oslo), Torsten
Laurin (Stockholm), Falk Simon (Göteborg), Sir
William Burrell (London), von Nemes (München).
Die Versteigerung, die mit der Feilbietung der
Bildwirkereien begann, setzte, wie bei der Zah-
lungskräftigkeit des bei aller Buntheit von den
gleichen Tendenzen beseelten Publikums nicht an-
ders zu erwarten war, selir animiert ein. Der Tep-
pichsammler Egli erwarb ein um 2.400 Schil-
linge ausgerufenes Fragment eines orientalisieren-
den oberrheinischen Wandteppichs des 14- .lahr-
hunderts (Kat.-Nr. 3) um i3 5oo Sch., eine Wie-
ner Kunsthandlung einen kleinen französischen
Wandteppich aus der Zeit um i5oo (Kat.-Nr. 4),
der mit 8000 Sch. angesagt war, um 3i 000 Sch.
Der Preis eines fränkischen Bildtcppichfragments
des frühen i5. Jahrhunderts (Kat.-Nr. 22) klomm
von 10 000 Sch. auf 70000 Sch. empor. A. S.
Drey erwarb einen Bildteppich mit dem Tode Ma-
riä, Nürnberg, zweite ITälfte des i5. Jalirhunderts
(Kat.-Nr. 34), für 170000 Sch. Ein anderer Bild-
teppich, Brüssel, um i5oo, Ahasver und Esther
darstellend (Kat.-Nr. 35), erzielte, um 60000 Sch.
ausgerufen, 200000 Sch. Den Clou der Auktion
aber bildete die Versteigerung der Biklwirkerei aus
Tournay (Kat.-Nr. 36), die, mit 200000 Sch. aus-
gerufen, von dem Kunstgewerbe-Museum in Ko-
penhagen um 700000 Sch. (420000 IIM.) erwor-
ben wurde.

Bei der Versteigerung der Stoffe flaute das Inter-
esse eine Zeitlang ab, wenngleich auch hier für
kleinere Stücke das Zehn- und Zwanzigfache des
Rufpreises erreicht wurde. So brachte ein italieni-
scher Seidenbrokat des i3. Jahrhunderts (Kat.-
Nr. 37), mit 70 Sch. ausgeboten, 1900 Sch. Eine
venezianische Kasel aus dem Anfang des 16. Jalir-
hunderts (Kat.-Nr. 58), llufpreis 26000 Sch.,
wurde von Lewy (Venedig) um 65 000 Sch. er-
worben. M. v. Nemes, der auch sonst verschiedent-
lich als Käufer hervortrat, zahlte für einen vene-
 
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