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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 22.1930

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[Heft 13/14]
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Biermann, Georg: Die Sammlung Schloss Rohoncz: zur Ausstellung in der Münchner Neuen Pinakothek
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https://doi.org/10.11588/diglit.27696#0399

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sondern weil einige der
hier gezeigten Werke
über ihren rein re-
präsentativen Duktus
nicht hinauskommen.
Zweifellos entfernt
sich unsere moderne
Einstellung immer
mehr von den großen
Engländern des 18.
Jahrhunderts, die die
Vorläufer einer mon-
dänen, aber auch ober-
flächlichen Porträtma-
lerei gewesen sind.
Selbst Reynolds und
Gainsborough sind für
uns nur noch in ihren
Glanzleistungen er-
träglich. Die Opie,
Lely, Pesne, Greuze
u. a., die das europä-
ische Dix-huitieme re-

Wilhelm van de Velde d. J.

Seestück

präsentieren, müssen innerhalb dieser großartigen Ausstellung notgedrungen unterhalb
jener künstlerischen Linie verweilen, die sonst den Grad dieser Sammlung bestimmt.
Überzeugend sind die Franzosen. Der frühe SimonMarmion bildet eineKlasse für sich,
ähnlich die Clouet und Corneille de Lyon, die durch innere Reinheit bestehen. Ein
Trouvaille besonderer Art sodann die musizierenden Kinder von Antoine Lenain und
nicht zu vergessen auch der reizvolle Poussin. Daß diese Abteilung allein von Watteau
vier Werke besitzt, unterstreicht ihre Bedeutung, und als besondere Kostbarkeit mag
außerdem der kleine Zyklus der vier Jahreszeiten des Watteauschülers Pierre Antoine
Quillard genannt sein, die die ganze Taufrische des frühen französischen Dix-huitifeme
offenbaren und bei allem malerischen Esprit nicht ohne Monumentalität sind. Daß
Largilliere, deTroy, Chardin, Pater und selbst Boucher in diesem Zusammenhang nicht
fehlen, daß es von Fragonard allein drei Bilder gibt, belegt weiterhin den Sinn dieser Ab-
teilung, die in ihrer Art eine gewisse Seltenheit innerhalb der europäischen Sammlungen
überhaupt darstellt. Auch die Vigee-Lebrun und Prud’hon, der ins 19. Jahrhundertüber-
leitet, sollen nicht vergessen sein, noch weniger die beiden prächtigen Gemälde von Hubert
Robert, die eine Sonderklasse darstellen. Wie gesagt, die Engländer kommen hier nicht
mit. Das mag bedauerlich sein, doppelt, weil die De Marees, J. A. Tischbein, Graff und
Edlinger auch keine genügende Vorstellung von der deutschen Leistung dieser Zeit zu
geben vermögen.

Neunzehntes Jahrhundert. Diese in zwei Kabinetten untergebrachte Abteilung ist
vorerst nur Fragment. Man hat das Gefühl, daß dieser erste Sammlerversuch vor der
Zeit zum Stiflstand kam und erkennt deutlich, daß Namen an sich noch keine Leistung
erhärten. Das Niveau ist, im Ganzen betrachtet, Durchschnitt, obwohl es auch da an über-
zeugenden Einzelwerken nicht fehlt. Zu diesen rechne ich unter denFranzosen das köst-
liche weibliche Bildnis von Corot, den Akt und die späte Landschaft von Courbet, das feine
Stilleben von Fantin-Latour und den schönen frühen Renoir. Weniger vermögen die
Deutschen zu überzeugen, obwohl es von Böcklin »Die Hochzeitsreise« von 1875 gibt,

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