Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers (22.1930)

Max Beckmann Porträt Tessier. 1929

Aus der Beckmann-Ausstellung im Graphischen Kabinett
(Günther Franke), München

I)en Straßenkampf von Otto Dix (seinen einzigcn Beitrag) hätte man nicht ins Sckretariat verschließen
soUen, wo nun alles hinrennt und das abgesperrte' übrigens enttäuschende Werk überbetonte Sensation
hekomnrt. Ganz falsch wärc, dies Werk aus politischen Gründen auszusperren, denn die Neue Sezes-
sion will neutral sein und etwa Neukatholizismus sogut wie Sozialismus zulassen, falls die gestalteri-
schen Ergebnisse fesseln. Auch wenn dasWerk nur künstlerisch enttäuschte, hätte mans als einzi-
gen Repräsentanten des gesellschaftskritisclien Ycrisinus zeigen sollen.

Menschlich und soziologisch wichligstes Ereignis war diesen Sommer vielleicht die kleine Ausstellung
»Der billige Gcgenstand und die Wohnung des Existenzminimums« (Neue Sammlung
des Nationalmuseums), gestaltet von W. von Wersin. Wichtig, weil hier einmal wirklich ins Lebens-
praktische hinuntergegriffen wurde, hinunter in die Fundamente des Alltagslehens. Ist doch bedeutsam-

592