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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 22.1930

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und van Gogh. Bezaubernd das »L’enfant ä l’arro-
soir« Renoirs, in Vargement entstanden, und »La
Source« von 1877. Die Georges Gallery wid-
mete ihre Räume dem Franzosen George Rouault,
dessen tiefe und problematischc Bildgedanken viel
mehr Beachtung verdienten.

Eine Ausstellung alter Bilder von höchstem Qua-
litätsniveau ist, die Ausstellung der Magnasco-
Society von Landschaften verschiedener Epochen
im Hause von Spink. Ganz wenige aber liohe Na-
men, mit untadeligen erstklassigen Werken vertre-
ten, stelien als Zeugen fiir die verschiedenen Auf-
fassungen der Landschaftsmalerei in Europa von
i5oo bis 1900. Man beginnt mit Joachim Patinirs
»Madonna in der Landschaft« (Besitzer: Vitale
Bloch, Berlin) und mit Lukas Cranachs Hirsclrjagd
von r5/|5 (Viscount Powerscourt) und endet bei
der römischen Campagna Corots (Lord Berners).
Der Weg führt über zwei grandiose, Greco voraus-
ahnende Bilder Jacopo Tintorettos (IJon. Geoffrey
Howard), über die prachtvollen Rubens-Land-
schaften von Windsor Castle und von Lord Mel-
chett, über Poussin, Claude Lorrain, Jacob Ruys-
dael, Canaletto und Richard Wilson. Kein Bild
darunter, das nicht in seiner Art ein Meisterwerk
vorstellt und diesen Weg zu einom selten genuß-
reichen macht. heinz rosenbaum

AUSSTELLUNG IN KÖLN

Die Galerie Dr. Becker-Newmann, deren enge
Fühlung mit junger Kunst sicli auch auf unarri-
vierte Talente erstreckt, bringt diesmal ITolz-
schnitte von Gert Arntz. Arntz beobachtet die
Struktur der Gesellschaft im Ablauf des ARtäg-
Jichen, Allzualltäglichen und gibt von den ihm ge-
wordenen Einsichten ernsthaften Bericlit. Als we-
sentlichen Zuwachs des AussteJJungsmaterials be-
grüßt man nocli Aufnalimen altmexikanischer
Kultdenkmale der Maya- und Toltekenkultur von
Willi Pferdekamp und Erica Staegemeier, Früchte
der Expedition Pferdekamp igag/3o.

Auch die Galerie A b e 1 s erweist sich ausdauernd
regsam. Gemäß ilirer konservativen Haltung zeigt
sie diesmal außer guten und z. T. ganz außeror-
dentlich gutenStücken der Landschaftsmalerei und
Menschendarstellung des 19. Jahrhunderts Blättcr
von Oppenheimer, von Derain und der Laurencin.
Im Kunsthaus Malmede & Geißendörfer
stehen unter den jüngst hereingekommenen Ob-
jekten obenan drei Werke des 14- Jahrhunderts:
ein Drachentöter Georg vom Oberrliein, eine rhei-
nische Vespergruppe und eine dem Florentiner
Bernardo Daddi zugeschriebene Kreuzigung: fer-
ner wird eine italenische ferrakottamadonna und
eine große ITolzskulptur des »Meisters der schönen
Madonnen« gezeigt.

Die große Masereel-Ausstellung im Kölnischen
Kunstverein läßt den Holzschnittmeister im
Ilintergrund, um dem nun Vierzigjährigen als

Maler einc um so cindringlicliere Ovation zu be-
reiten. J.

LEIH-AUSSTELLUNG IN DEll BREMER
KUNSTHALLE

Für die Sommermonate ist in der Bremer Ivunst-
lialle, in Räumen der alten Galerie, ein lialbes
Ilundert von niederländischen Rildern des 17. Jahr-
liunderts als Leilrgabe eines bremischen Sammlers
ausgestellt, die den Bestand alter Meister der Bre-
111er Kunslhalle vortrefflicli ergänzt. Dic KoRek-
tion, im Laufe des letzten Jahrzehnts entstanden,
überrascht nicht nur durcli die liohe Zalil großer
Namen, sondern durch die ungewölmliche Bedeu-
lung der einzelnen Werke. Sie sind mit großer
Kennerschaft, mit ebensoviel Leidenscliaft wie
Vorsicht und mit sicherem Geschmack zusammen-
gebracht, so daß diese Sammlung als ein geschlos-
sener Organismus von ausgesprochener Physiogno-
mie jedem Museum zur Zierde gercichen würde.
Unter den vier R u b e n s - Arbeiten wird man ne-
ben der kleinen aus England stammenden, sig-
nierten und datierten Fassung des Münchener Me-
leagerbildcs, der Decius Mus-Skizze der ehemali-
gen Sammlung Kaulbach den ersten Preis geben.
Bei ltembrandt verdient die ganz friilie »Su-
sanna mit den beiden Alten« aus der »grünen«
Jugendzeit den Vorzug vor einem späten kleinen
Greisenkopf. Jan Steen zeigt in vier, vielleicht
fünf, Bildern die verscliiedenen Äußerungsformen
seines Temperaments, auch in Einzelfiguren; die
früher in Schweden befindliche kleinere Fassung
des berühmten Braunscliweiger »Elrekontraktes«
ist ein Meisterwerk. Von Adriaen Brouwer
ist außer zwei Bauernbildern und den sehr geist-
reichen »Göttern Grieclienlands« eine gelieimnis-
volle Landschaft da, von Wouwerman neben
einem schönen üblichen Schimmelbild eine sehr
großartige Landschaft. Jan van de Capelles
großes Seestück hängt als Gegenstück zu dem be-
lcannten mächtigen Sclieveninger-Strand der bei-
den van de Velde. Eine gespenstische Land-
schaft von Philips de Koninck erscheint,
kleiner im Format als die berülimten Flachland-
scliaften, um so intensiver und Berkheydes An-
sicht von Haarlem, kristallklar wie cin Vermeer
und deutlich wie ein Belotto gehört unbedingt zu
den besten Werken des Meisters. Auch Aert van
der Neer macht ungewölinliclie Figur, niclit nur
mit einem selir guten bunten Golfspiel im Win-
lcr sondern besonders mit eincr dramatischen Ge-
witterlandschaft. Jacob vanRuisdael und Sa-
lomon van lluisdael sind gut, Jan van Go-
yen hervorragend gut vertreten.

Unter den Genremalern ragt außer Steen und
Brouwer Terborch mit einem eleganten rau-
chenden Offizier in Weiß, Gelb und Grau her-
vor, Adriaen Ostade mit einem tonigen Früh-
bild und einem vollgültigen Werk der reifen
Zeit, Isaak Ostade mit einem typischen Ge-

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