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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 22.1930

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Heft 17/18
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Biermann, Georg: Holbeins Bildnis von Charles Brandon Herzog von Suffolk
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https://doi.org/10.11588/diglit.27696#0484

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malungen fand man eine Lage von Ruß, die siclier auf eine Anbringung des Bildes
über einem Kamin zurückzuführen ist, aber auch eine Erklärung für die unsorgfältige
und respektlose Restaurierung abgibt.

»Die größte Veränderung hat bei der früheren Übermalung der Armstuhl erfahren, der
dadurch besonders herausgehoben wurde, daß man die zwei hölzernen Knöpfe auf der
Stuhllehne durcli zwei reichgeschnitzte Renaissancekugeln ersetzte und ein anderes Paar
ähnlich auf der Armlehne aufmalte. Auch fehlte es nicht an der Beigabe von grünen
Fransen. Die Kette des Hosenband-Ordens war auch in den vergoldeten Teilen völlig
erneuert und die schwarze Kappe auf dem Haupte war hinaufgeschoben worden, um
die Stirne völlig freizumachen«. Diese Verfälschungen des Bildes hat die sorgsam
durchgeführte Restaurierung beseitigt. Heute ist das Porträt, wieder in seinem Original-
zustand, frei von allen Zutaten der Vergangenheit. Dieses Bild ist nicht nur kunstge-
schichtlich eine Trouvaille allerersten Ranges, sondern als Porträt Holbeins eines der
bedeutendsten Dokumente seiner Kunst überhaupt. Monumental in seiner Haltung,
eindringlich in seinem farbigen Aufbau, ist das Werk als Porträt ungemein suggestiv,
und wüßte man nichts von der Geschichte und dem Charakter des Dargestellten, man
müßte ihn als den würdigen Bruder und Gesinnungsgenossen jenes Heinrich VIII. er-
klären, dessen Umkreis Holbein auf diesem und anderen Porti’äts für alle Zeiten fest-
gehalten hat. Tatsächlich bestätigen zeitgenössische Dokumente, daß dieser Herzog
von Suffolk dem König nicht nur äußerlich, sondern auch psychisch ähnlich gewesen
sei. Der gleiche harte, gransame Blick aus den lauernden Vogelaugen, der gleiche Mund
mit den aufgeworfenen Lippen. Die breiten Gesichtszüge und die Haltung im ganzen er-
innern unmittelbar an den königlichen Schwager dieses Herzogs von Suffolk, den Holbein
in seinen letzten Lebensjahren in gleich dekorativer Weise en face wiedergegeben hat.

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Wenzel Hollar Charles Brandon, Duke of Suffolk

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