Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 22.1930

DOI Heft:
Het 21/22
DOI Artikel:
Rundschau
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.27696#0596

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
denen die iranischen Heldenmotive schon durch
die Mythe verklärt werden. Zcigt eine der schön-
sten Silberschalen in dem Greifen noch rein helle-
nistischen Stil, so tritt in anderen, die das beliebte
iranische Motiv der Jagd des Babram Gor darstellen,
diese Neigung zur Mythe deutlich in den Vorder-
grund. Die alsLeihgabe auf die Ausstellung gesandte
Silherschale mit einer Steinbockjagd des Babrani
Gor (420—438), eins der schünsten Stücke, führt die
klassische sasanidische Reliefauffassung einpräg-
sam vor Augen. Besondere Beachtung verdient eine
achteckige Silberschale mit Pfauengreifen in Flecht-
bandfeldern, die den Stilwandel zu Anfang der
islamischen Epoche in der ornamentalen Dis-
ziplinierung der Formen bei Verzicht auf jede
plastische Modellierung zugunsten einer streng
linearen Graviertechnik zeigt, was für die Sgraffito-

technik der Ghahrifayencen von grundlegender Be-
deutung wurde.

Dieser Metallstil, der für den sogenannlen früh-
islamischen Schrägsclmittstil (Samarra, Tulun-
moschee, Kairo) richtunggebend wurde, zeitigte
auch nach dem Sturz der Sasaniden im nordöst-
lichen Iran eine Blüte, von der wir in zahlreichen
Geräten bedeutsame Zeugnisse besitzen. Die Isla-
mische Abteilung hat in einer getriebenen und
einer gravierten Bronzeschale kiirzlicli zwei der
wichtigsten Stiicke erworben, die im Technischen
und im Formalen den Gegensatz hellenistischer
und frühislamischer Ornamentik klar erkennen
lassen.

Ähnlichen Problemen begegnet man in der meist
aus ornamentalen Tierformen bestehenden Klein-
plastik in Bronze für Gebrauchsgegenstände, die zu
einem eigentümlichen Tierstil
fiihrten, wie derVergleich mit
den parthisch - hellenistischen
Gebilden (Panther) deutlich
zeigt. In dem als Leihgabe
iiberwiesenen, stilistisch mit
den hellenistischen Tieren der
Khosraugrotte (590—628) von
Taq-i-Bostan übereinstimmen-
den Elefanten (Schachfigur in
scliwarzem Speckstein) sowie
in den Tierformen auf Siegel-
steinen und Seidenstoffen ge-
winnt man aufschlußreiche
Beziehungsmöglichkeiten.

Eine kürzlich erworbene, in
derMongolei gefundeneSilber-
schale mitWellenmäander, der
an eine Goldkanne aus Nagy
Szent Miklos erinnert (J.Strzy-
gowski, Altai, Iran, Völker-
wanderung, Leipzig 1917,
Abb. 5 g) und einem dem
Tierstil der T’angepoche nahe-
stehenden Löwen (vgl. British
Museum Quarterly 1926/27,
S. 18) eröffnet für den Me-
tallstil dieser Epoche neue Per-
spektiven.

Die bedeutsamste Erweiterung
erfuhr die Sammlung durch
die Erwerbung eines präch-
tigen Rronzevogels (Räucher-
gefäß 7.—8. Jahrh.). Das aus
englischem Privatbesitz stam-
mende Stück (Abb. S. 561)
darf unter den bekannten, zu
Räucher- oder Wassergefäßen
dienenden Bronzen dieser Art
wohl die reifste Arbeit ge-
nannt werden, die naturnahe
Beobachtung mit äußerster
stilistischer Konsequenz ver-
 
Annotationen