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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 22.1930

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Anton Faistauerf Selbstporträt. 1929

sung der Bildnisse, die Charakterisierung sei-
ner Modelle durch ihren Ilabitus, ihre Um-
gebung.

Doch hinter dem rauschenden Pathos der
Schöpfungen Faistauers birgt sicli ein sen-
sibles Gemüt, dessen Tiefe und Innigkeit in
seinen Madonnen und Frauenbildnissen im-
mer wieder aufscheint, zumal in den im
letzten Jahre seines Lebens entstandenen, in
welchem sein Pinsel die schönsten, maleriscli
reichsten, empfundensten Werke schuf. Syn-
these dessen, was er im Süden an Formen
und Farbigkeit mil der Innerlichkeit des
nordischen Menschen geschaut, gleichzeitig
Abschluß und Vollendung der malerischen
Entwicklung dieses so ganz österreichischen
Meisters. P.-N.



INTERNATIONALE KUNSTIIISTO-
RISCHE KONGRESSE'

Nach einer Pause von neun Jahren fand in
Brüssel der 12. internationale Kongreß für
Kunstgeschichte statt. Das offizielle Pro-
gramm verzeiclmete neben gesellschaftlichen
Veranstaltungen und Besichtigungcn etwa
160 Vorträge, die in vier Sektionen gehal-
ten wurden. Ein ausführlicher Kongreßbe-
richt wird für die Zukunft die Fülle des zur
Sprache gekommenen Materials festhalten. Hier
können nur einige Anregungen und Ergebnisse des
Kongresses notiert werden. Beachtenswert erscheint
ein Vorschlag Adolfo Venturis, die Texte der Quel-
len und Dokumente, die im 19. Jahrhundert ediert
und seitdem unverändert und kritiklos benutzt,
wurden, zu prüfen und neu kommentiert heraus-
zugeben. Georges Wildenstein stellte die Forde-
rung nach einem universalen Katalog der Kunst-
geschichte und Archäologie, während Luigi Serra
von einem Inventar der italienischen Kunstsamm-
lungen Mitteilung machte, deren erster Band ge-
rade erschienen ist und die Provinz Bergamo be-
handelt. Breiteren llaum nahmen die Berichte über
die Verwendung von Röntgenstralilen für den
Nachweis übermalter Bilder ein. So konnte Leo
van Puyvelde die Übermalung eines Kopfes auf
einem Bilde Rogers van der Weyden im Brüsseler
Museum nachweisen, während Paul Ganz dank der
Durclileuchtung Übermalungen auf Bildern IIol-
beins feststellen und den Weg zur Wiederherstel-
lung weisen konnte. Etwa die Iiälfte der Vorträge
bezog sich auf die niederländische Ivunst. Neu auf-
getauchte Werke und neue Forschungsergebnisse
besprachen hier vor allem Otto Benesch (Zeich-
nung mit der Schaustellung Ghristi aus der Früli-
zeit Jordaens in der Wiener Albertina), Ludwig
Burchard (Rekonstruktion der Seitenaltäre von Ru-
bens für II Gesu in Rom), Gustav Glück (einige
wenig bekannte Bilder van Dyeks), Paul Jamot

(ein im Pariser Kunsthandel aufgetauchtes Bild
von Lodewijk Toeput), lieusler (der Bildhauer
Jean Mone), Lavellaye (eine Grablegung Rem-
brandts [?] im Brüsseler Museum), Wolfgang Ste-
chow (Jacques Foucquier), Kurt St.einbart (bisher
unbekannte Tafelgemälde des Jan Gornelisz Ver-
meyen). Weit geringerer llaum stand den künst-
lerischen Problemen der übrigen europäischen
Länder zur Verfügung. IJier erweckten besonderes
Interesse die Deutungsversuche Panofskys der vier
Apostel Dürers und des Kupferstiches »DerTraum
des Doktors (B. 76), der Nachweis zweier verschol-
lener Frühwerke Michelangelos von Karl Tolnai
und die Vorfiihrung der beiden jüngst aufgefun-
denen Kölner Grünewald-Bildnisse durcli Buch-
ner. Ferner wurde die Errichtung einer ständigen
Kommission zur Abhaltung kunsthistorischer Kon-
gresse beschlossen, zu deren Ehrenpräsidenten
Adolfo Venturi gewählt wurde, während die Inter-
essen Deutschlands Max J. Friedländer vertreten
wird.

Vierzehn Tage später begannen in Rom die Sitzun-
gen des internationalen Kongresses für Expertise
und Konservierung von Kunstwerken. Die Tagung
fand in zwei Sektionen statt, von denen die eine
die Plastik, die andere die Malerei behandelte. Im
Mitlelpunkt der Verhandlungcn standen die ver-
schiedenen Methoden physikalischer und chemi-
scher Art bei der Untersuchung, Restaurierung
und Konservierung der Kunstwerke. s

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