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Deutscher Wille: des Kunstwarts — 30,3.1917

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Heft 13 (1. Aprilheft 1917)
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Friedenserhaltung und Friedensgestaltung, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.14297#0021

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»

wickelt haben. Also gilt es für den Paziftsten, die Menschen sehend zu
nrachen, damit sie ihre unbewußte Organisiertheit bemerken und sie be«
wußt befestigen. „Lntwicklung der Volksbildung" ist daher bei Fried
die Grundlage des ursächlichen Pazifismus. Ebenso muß er selbstver-
ständlich an der Weltorganisation tätig mitwirken; denn je entwickelter
sie ist, um so deutlicher wird sie ihren Trägern. Die Grundlage hier«
für aber ist die „Entwicklung der Technik" als des bedeutsamsten Mittels,
den zwischenstaatlichen Verkehr zu fördern.

G

g^as Programm des ursächlichen Pazifismus sieht dementsprechend (nach
^Fried) etwa so aus:

Schutz des Organisationsvorgangs gegen die Hemmenden Einflüsse
der Gegenwart.

Grundlage: Entwicklung der Volksbildung.

Immunisierung der Massen gegen kriegerische Beeinflussung.
Ziel: Zerstörung der nationalen Vorurteile.

Mittel: Förderung des persönlichen Verkehrs von Volk zu Volk.
a) Der persönliche Verkehr.
d) Der geistige Verkehr.

2. Ausschaltung der Linwirkung kriegerisch erregter Massen.

L. Förderung des Organisationsvorganges.

Grundlage: Lntwicklung der Technik.

(. Förderung des Verkehrs im allgemeinen.

2. Lntwicklung des zwischenstaatlichen Rechtes.

3. Wandlung der Politik.

^c^ährend nun der reformatorische Pazifismus infolge seiner Verschwom«
H^menheit nur wenig Kritik herausfordert, ist für jeden ernsthaften Er-
forscher des „eigentlichen"^ des „offiziellen", des ursächlichen Pazifismus
die gründlichste Abwägung des Für und Wider geboten. Sie wird infolge
der augenblicklichen Stellung Alfred tz. Frieds in der Bewegung — er ist
Sekretär der Friedensgesellschaft — jederzeit zu einer Auseinandersetzung
mit diesem Manne/ In seinen zahlreichen Schriften sind die Gedanken

Da ich mancherlei gegen Frieds Ausprägung und Durchführung des
Gedaukens des ursächlichen Pazifismus vorbringen muß, sei Allgemeineres
vorausgeschickt. Frieds Verdieust erscheint mir als außerordentlich groß.
Der Chronistenfleiß, den seine Arbeiten bezeugen, die Aufklärertätigkeit, die
er Iahr für Iahr als Schriftsteller, Abersetzer und Organisator leistet, die wert«
volle Denkarbeit, durch die er die Friedensbewegung förderte, sollten ihn vor
Persönlichen Anwürfen und vor Spott schützen. Die Mängel seiner Betätigung
scheinen mir ihre wesentlichsten Arsachen in dem höchst seltsamen Amstande zu
haben, daß die öffentliche Vertretung der pazifistischen Bewegung fast allein
auf seinen Schultern ruht. Es wäre dringend zu wünschen, daß die Friedens-
organisationen eine Reihe von anderen Mitarbeitern anstellten, nicht nur,
weil Frieds einzelne Lagesarbeiten unter dem Zwange des Sichselbstwieder-
holens und dem Druck des Zuviels an Arbeit geradezu leiden müssen,
sondern auch, weil Fried zwar ein scharfer Dialektiker nnd fleißiger Arbeiter,
aber weder ein schöpferischer Kopf, noch ein besonders fesselnder Schriftsteller
ist. Vielleicht war er es früher mehr. Ietzt steht er seit Iahren in einem
ununterbrochenen Kampf, der sich gegen allzu billigen, freundlichen oder bös-

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