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Deutscher Wille: des Kunstwarts — 30,3.1917

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Heft 17 (1. Juniheft 1917)
DOI article:
Kaindl, Raimund Friedrich: Eine Lanze für die Karpathendeutschen
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https://doi.org/10.11588/diglit.14297#0249

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Immerhin war durch diese Vemühungen das deutsche Element in Ungarn
neu gestärkt, in Galizien so gut wie neu angepflanzt, in der Bukowina
faßte es wieder festen Fuß, ja es drang auch wieder in die Moldau, die
Walachei und Südrußland ein. Aber Rumänien zogen die Deutschen
selbst in die Dobrudscha. Auch die andern Länder der Balkanhalbinse!
wurden von Deutschen aufgesucht.

Wieder hat in allen diesen Ländern der Deutsche überaus viel ge»
leistet. Materielle und geistige Kultur ist von ihm auf Schritt und TriLt
gefördert worden. Deutsches Wesen hat vielfach bis in die Mitte des
vorigen Iahrhunderts das öffentliche Leben beherrscht. In der Bukowina
ist es noch jetzt maßgebend,- hier hat sich das Deutsche im allgemeinen
Verkehr, in Amt und Schule bis in die Gegenwart die Vorherrschaft ge-
wahrt. Die deutsche Aniversität mitten zwischen Rumänen, Ruthenen und
Polen ist das sichtbare Merkzeichen dafür. Das kräftige deutsche Leben
in Siebenbürgen ist allgemein bekannt. . Die Schwaben in Angarn und
Slawonien erwecken durch ihre wirtschaftliche Lntwicklung oft geradezu
unfre Bewunderung. Auch in Galizien steht trotz allem das deutsche
Bauerntum in vielen Orten unerschütterL. Die völkische Schutzarbeit ist
bei den meisten Karpathendeutschen hoch entwickelt; nur im engeren Ungarn
kann sie wegen des Regierungsdruckes nicht recht Wurzel fassen.

Von dem allen wußte man früher im Westen so gut wie nichts. Selbst
in den Kreisen Westösterreichs war man darüber nicht besser unterrichtet.
Nach „draußen" drang zumeist nur die Kunde von der völkischen Be-
drückung der Karpathendeutschen. Das hat beim deutschen Volke den
Glauben erweckt, daß die Karpathendeutschen ein armseliges tzäuflein
seien, das rettungslos verloren ist, und um die man sich nicht zu küm-
mern brauche.

Gewiß: die Deutschen in den Karpathen kämpfen einen harten Kampf.
Sie müssen vieles mühsam erringen, was ihren Brüdern im MutLerlande
von selbst zufällt: die deutsche Schule, sogar die deutsche Predigt und das
das deutsche Kirchenlied. Aber verloren sind sie nicht, wenn ihnen billige
und gerechte tzilfe zuteil werden wird.

Leider kann man dem großen deutschen Volke den Vorwurf nicht er-
sparen, daß es sich um seine Vorposten bisher nur zu wenig gekümmert hat.

Die Wirkung des Iahres ^866 ist sehr eigentümlich. Darüber kann
heute kein Zweifel obwalten, daß der damalige Krieg wohl zur glücklichen
Errichtung und Befestigung des Deutschen Reiches geführt hat, daß aber
durch ihn auch die Deutschen Osterreichs sondergestellt und einer über-
wiegenden Mehrzahl von nicht deutschen Völkern überliefert worden sind.
Da überdies Osterreich infolge der Niederlage genötigt war, Angarn den
Madjaren und Galizien den Polen zu überlassen, so begann mit diesem
Zeitpunkt in diesen Ländern zunächst eine wohlüberlegte Bedrückung des
Deutschtums. Durch das Bündnis von s8?9 ist eine Besserung der Lage
der Deutschösterreicher weder bezweckt noch erreicht worden. Wenn man
das vielleicht erhofft hatte, so war es eine arge Täuschung. Der Ge-
schichtsforscher tzermann Oncken urteilt darüber so: „Die durch den Ramen
des Grafen Taafe bezeichnete Staatspraxis, welche die Deutschen ent-
thronte und die politische Parität der Slawen einleitete, war erst seit
dem Iahre s879 möglich. Wenn man fortan in Wien eine Rationali-
tätenpolitik betreiben durfte, die man früher unter keinen Amständen
hätte wagen dürfen, so lag es daran, daß man jetzt durch das Bündnis
 
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