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Deutscher Wille: des Kunstwarts — 30,3.1917

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Heft 17 (1. Juniheft 1917)
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Kaindl, Raimund Friedrich: Eine Lanze für die Karpathendeutschen
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https://doi.org/10.11588/diglit.14297#0251

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Karpathendeutschen, besonders ihrer Führer und Forscher, eine allmähliche
Änderung in der Gesinnung ihrer Volksgenossen herbeigeführt hat, daß
aber die Bedeutung dieser Ansiedlungen doch noch nicht
allgemein genug berücksichtigt wird. Daher soll diese hier zusammen-
fassend gekennzeichnet werden.

Nochmals also: Unsre deutschen Ansiedlungen sind Vorposten des deut-
schen Volkes und deutscher Kultur. Seit Iahrhunderten schützen sie das
deutsche Hinterland. Karl der Große hat ebenso wie Karl VI. die Deut-
schen im Osten mit dem klaren Willen angesiedelt, ihre Kraft dort zu
stützen. Wenn heute für das Deutsche Reich der Bestand Österreichs im
ganzen Umfange wichtig ist, dann muß das deutsche Element vor allem
im Osten der Monarchie gestärkt werden, um ihn an das Reich innig zu
knüpfen. Die Erfahrungen der letzten Zeit legen dies auch der Regie-
rung und allen berufenen Kreisen näher als je. Ebenso sind diese vor-
geschobenen Deutschen eine Schutzwehr für das deutsche Gesamtvolk. Ein
Teil der feindlichen Kräste wird zum Beispiel in Galizien durch den
Kampf gegen die Deutschen gefesselt und kann also nicht zur Mederwerfung
der Deutschen in Schlesien verwendet werden. Würden einmal in Ga-
lizien alle deutschen Güter aufgekauft sein, die polnischen Trutzschulen
überflüssig werden, die Bekämpfung der deutschen Vereine hier aufhören,
so hätten die Polen alle Mittel und Kräfte für die Eroberung des näch-
sten Gürtels frei. Zum Schutze des gesicherten deutschen Besitzes muß
immer ein Kampfgürtel erhalten bleiben! Die Ansiedlungen im Osten
sind nicht Zweigniederlassungen eines Handelshauses, die man auflassen
darf, wenn sie „schlecht gehen^ und man lieber die „Zentrale^ durch die
Heimgezogenen Kräfte stärken möchte. Nein, diese Ansiedlungen sind Vor-
werke, deren Fall den Stürmern freie Bahn für die Belagerung der
tzauptfestung gäbe. Deshalb müssen diese Vorwerke gehalten, gestärkt,
vermehrt werden! Man sage auch nicht, daß man trotzdem das eine oder
andre Ansiedlungsgebiet aufgeben könne, zum Beispiel die Deutschen in
Galizien und in der Bukowina, wenn man nur das Deutschtum in
Angarn erhalte. Das ist ein Verderblicher Grundsatz, denn alle Kar-
pathendeutschen bilden ein organisches Ganzes. Zu gleicher Zeit sind sie
hergekommen. Zu gleicher Zeit haben sie geblüht und sind in Verfall
geraten. Zwischen allen Teilen besteht eine merkwürdige Wechselbezie-
hung, wie aus meiner „Geschichte der Deutschen in den Karpathenländern"
klar zu ersehen ist. Wird ein Teil aufgegeben, so kann der andre davon
nicht unberührt bleiben, er wird miterschüttert. Wäre zum Beispiel das
Deutschtum in Galizien im und Iahrhundert nicht zurückgegangen,
so würde es heute in der Zips und dem benachbarten Nordungarn ganz
anders um die Deutschen stehen, als der Fall ist. So würde auch das
Aufgeben des gegenwärtigen Deutschtums in Galizien den Rückgang jenes
in der Bukowina nach sich ziehen, eine weitere Schwächung des Kar-
pathendeutschtums überhaupt und damit auch des Deutschtums auf der
Balkanhalbinsel.* Rnser Schutz- und Kampfgürtel muß geschlossen von

* Es nruß scharf betont werden, daß die Ansiedlungen an der unteren Donau
und auf der Balkanhalbinsel stets den großen Teil ihrer Kräfte aus den Kar-
pathenländern bezogen; ohne diese können jene sich nicht entwickeln. Das sei
allen gesagt, die allein rnit dem Schlagwort „Unser Zukunftsweg geht über den
Balkan" arbeiten und nur den Valkanländern ihre Aufmerksamkeit zuwenden.

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