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Deutscher Wille: des Kunstwarts — 30,3.1917

DOI issue:
Heft 17 (1. Juniheft 1917)
DOI article:
Kaindl, Raimund Friedrich: Eine Lanze für die Karpathendeutschen
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https://doi.org/10.11588/diglit.14297#0252

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der Donaumündung bis zur Ostsee reichen. Erst die Ansiedlungen, die
darüber hinaus östlich liegen, könnten zurückgezogen werden.

Wie in politischen und völkischen Beziehungen, so haben die deutschen
Ansiedlungen auch für unsre wirtschaftlichen und kulturellen Belange hohe
Bedeutung. Durch sie wurde in den Karpathenländern deutsche Kultur
gefördert. Sie Haben für deutsche Erzeugnisse Verständnis geschaffen,
dem deutschen tzandel und der deutschen Gewerbetätigkeit lohnende Ab-
satzgebiete eröffnet. Wo keine deutsche Kultur herrscht, dort verlangt man
auch weniger deutsche Erzeugnisse. Das hat man zum Beispiel in Ru-
mänien erfahren, wo der französische Einfluß im Iahrhundert auch
zum großen Teil die deutschen Waren verdrängt hat. Für den Absatz
deutscher Erzeugnisse ist die Ausbreitung deutscher Ansiedler und deut-
scher Kultur, die Errichtung deutscher Schulen von höchster Bedeutung.
Man vergesse nicht, daß die kleineren Nationen des Kulturanschlusses an
eine der großen unbedingt bedürfen. Geht der Deutsche zurück, so tritt
ein andrer an seine Stelle. Man darf sich daher auch vor dem Schlag-
worte „Kulturdünger^ nicht scheuen.

Die Ansiedlungen waren, ferner, seit jeher wichtig für die Beistellung
der dem Mutterlande notwendigen Roherzeugnisse. Erstaunliche Massen
von diesen haben schon die mittelalterlichen deutschen Kaufleute aus dem
Osten nach dem Westen geführt. Auch jetzt besteht im deutschen Mutter-
lande ein gewaltiges Bedürfnis nach Rohprodukten, Getreide, Vieh. tzätten
wir dafür uns den Osten gesichert, so würden wir anders dastehen: ,zu
Land würde uns kaum jemand die Zufuhr abschneiden. Darauf habe ich
schon bei der dritten Tagung der Karpathendeutschen in Wien (Pfingsten
(9(3) verwiesen. Etwas spät hat man sich an das Schlagwort Berlin—
Wien—Bagdad erinnert. Aber warum sollen diese Pläne nicht gelingen?
Bei ihrer Verfolgung ist sicher, daß jede Ansiedlung im Osten ein Brücken-
pfeiler ist, über den der große Zukunftsweg des deutschen Volkes geht.
Diesen Weg ist es gegangen, bevor durch die Eroberung Amerikas die
Abwanderung der überschüssigen deutschen Kräfte übers Meer begann,
wo sie dem Muttervolke zum größten Teil verloren gingen! Wie stünde
das deutsche Volk heute da, wenn diese unzähligen Scharen in früheren
Iahrhunderten nach dem Osten gelenkt worden wären! Dann wären die
verheißungsvollen älteren deutschen Ansiedlungen, die in allen Karpathen-
ländern bestanden, nicht eingegangen. Dann wäre westliche Kultur schon
weiter nach dem Osten gedrungen und hätte einen guten Teil der ge-
knechteten Völker befreit und unserm Kulturkreis angefügt.

Aus dem Gesagten geht zur Genüge hervor, daß nicht nur die öster-
reichische Regierung und die Deutschösterreicher, sondern daß jeder Deutsche
überhaupt an der Erhaltung des Deutschtums im Karpathenland wie über-
haupt an der deutschen Ostgrenze Anteil hat. Das gilt nicht nur vom
völkisch gesinnten „Schwärmer", nein, auch der noch so nüchtern denkende
Politiker, Kaufmann und Fabrikant hat Interesse daran, und gerade er.
Wie das Deutschtum im Osten unterstützt werden kann, davon ein andermal.

Naimund Friedrich Kaindl
 
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