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Deutscher Wille: des Kunstwarts — 30,3.1917

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Heft 18 (2. Juniheft 1917)
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Herter, Hans: Zur Frage der Einheitsschule
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https://doi.org/10.11588/diglit.14297#0311

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Eine der nrancherler Arsachen hrerfür liegt im SchriftLum. Noch lange
nicht ausreichend, weder nach Inhalt noch nach Darstellung, ist die Be«
deutung der (Linheitschule heute in selbständigen Schriften behandelt»
Erst nach dieser allgemeinen Bemerkung darf ich auf Verständnis rechnen
für einige Kritik, die im folgenden an den neueren, zum Teil sehr be«
deutsamen Schriften zu üben sein wird.

Die beste „Linführung" in die Einheitschulfrage scheint mir tz. Th. M.
Meyers Schrift über Begriff und Wesen der Einheitschule zu sein („Die
E.", Teubner, Leipzig (9(6, 60 S., geb. (,80 M.). Nach einer kurzen Recht«
fertigung des Titelwortes aus dem allgemeinen Gebrauch — Meyer
würde persönlich lieber „Nationalschule" sagen — gibt der tzamburger
Schulinspektor zunächst einmal dem Gedanken jene Tiefe und Würde, die
er als einer der ältesten Kulturgedankeu hat. Anter den Großen, aus
deren Lehrgebäuden Meyer Einheitschulgedankeu anführt, finden wir Pla»
ton, Aristoteles, Comenius, tzumboldt, Schleiermacher, unter den neueren
Pädagogen Diesterweg, Ziegler, Natorp, Rein, Kerschensteiner, A. Fischer
— und die deutschen Lehrerversammlungen seit (8^8! Deren Beschlüsse
berichtet Meyer genau und frohgemut, denn aus ihnen ist das heraus-
gewachsen, was als die Forderung des Tages, die Forderung zahlreicher
vortrefflicher Fachmänner und Volksfreunde von heute gelten darf. Damit
ist der Leser eingeführt in die tzauptgedanken. Zur Erläuterung zieht der
Verfasser dann das Schulprogramm der Sozialdemokratie heran, das sich
erst spät entwickelt, dann aber den radikalsten Einheitschulplan aufgenommen
hat, ferner die bestehenden Einrichtungen der Schweiz, Dänemarks und
Norwegens, endlich die Entwürfe, welche zu verschiedenen Zeiten dem
Reichstag vorlagen, und die Pläne der tzamburger Schulsynode. Be-
sonders diese werden, neben denen W. Reins, ausführlich dargestellt,
so daß dem aufmerksamen Leser keinerlei Zweifel über Grundgedanken
und Ausgestaltungmöglichkeiten der Einheitschulidee übrig bleiben kann.
In einem besondren Kapitel widerlegt Meyer sehr ruhig, sehr überlegt
und überlegen die üblichen Einwände, kurz und scharf die gesellschaftlich--
ständischen, durch zwingende Tatsachen die pädagogischen. Eine schlichte
Amschreibung der Kernforderungen der Einheitschulfreunde ist das Ergeb-
nis der sorgfältigen Antersuchung. Das Buch ist in seiner Art meister--
lich. Wenige Gebildete werden sich dem starken Lindruck dieses überwäl-
tigenden geschichtlichen und sachlichen Beweisstoffes für das Gewicht und
die Dringlichkeit der ganzen Frage enLziehen können, eines SLoffes, der
kaum geschickter gewählt, überzeugender angeordnet und würdiger vor«
getragen werden konnte. — Rach diesem „Beispiel" „ein Gegenbeispiel":
Im Auftrage des Deutschen Lehrervereins, der, wie Meyer zeigt, der
ganzen Frage stets die größte Aufmerksamkeit widmete, hat Ioh. Tews
seine Schrift „Die deutsche Einheitschule^ (I. Klinkhardt, Leipzig (9(6,
(0^ S., ( M.) bearbeitet, nach eigenem Zugeständnis eine Werbe- und Ver»
teidigungsschrift. Die Aufgabe, eine solche Schrift zu schaffen, war von
höchster Bedeutung. Es galt, wie ich oben zu zeigen versuchte, die aller>
weitesten „Kreise der Gebildeten^ mit dem Inhalt der Lehrerforderungen
bekannt, neinr vertraut zu machen, ausführliche und tiefzielende Be--
gründungen zu geben und die Bedeutung der ganzen Frage für
alle Stände, Gesellschaftgruppen, Kulturgebiete, politischen Strömungen
und menschlichen Lebensbedürfnisse klarzulegen. Ich bedaure, sagen zu
müssen, daß Tews diese Aufgabe anscheinend kaum gesehen, jedenfalls nur

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