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Beck, Paul [Hrsg.]; Hofele, Engelbert [Hrsg.]; Diözese Rottenburg [Hrsg.]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 2.1885

DOI Artikel:
Vogelmann, Albert: Kirchenbauten am Ausgang des Mittelalters in Süddeutschland, besonders in Württemberg, als Monumente für die Lichtseiten jener Periode, [5]
DOI Artikel:
Schöttle, Johann Evang.: Album katholischer vaterländischer Geistlichen, welche milde Stiftungen gemacht haben in den letzten 100 Jahren, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.20206#0018

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a. d. Enz, ursprünglich romanisch, wurde 1498 im gotischen
Stil erneuert und 1526 (noch vor Einführung der „Refor-
mation") im selben Stil vergrößert. Nußdorf (protestan-
tisch) hat eine Pfarrkirche im spätgotischen Baustil. Eben-
daselbst ist aber auch eine Kirche zum hl. Kreuz im gotischen
Stil. „Der mit einem schönen Netzgewölbe gedeckte Chor ent-
hält einen seltenen Reichtum von Decken- und Wandmalereien
etwa ans dem Ende des 15. Jahrhunderts, von dein sich an
dem Gewölbe das Schweißtuch mit einem ausdrucksvollen
Christuskopf, die vier Evangelisten, die Krenzerhöhnng re. be-
sonders anszeichnen; über dem Chorbogen ist das jüngste Ge-
richt, und an der südlichen Wand die Lebensgeschichte Jesu
in 26 Feldern gemalt. Diese der Erhaltung würdigen Reste
älterer Kunst gehen ihrem Untergange täglich mehr entgegen,
wenn dein bereits eingetretenen Verfall der Kirche nicht vor-
gebeugt wird." Auch Unter-Riepin gen (protestantisch)
im gleichen Oberamt hatte eine zweite schöne gotische Kirche
zu unserer lieben Frau, die aber noch in höherem Grade
Ruine ist. „An einem Strebepfeiler der Pfarrkirche in Ober-
Niexingen steht nnno 6om. 1439, ohne Zweifel das Jahr
der Erbauung des Turmes und des damit verbundenen Chors.
Die ansehnliche Pfarrkirche in Noßwaag wurde nach einer
an einem Strebepfeiler des Chores angebrachten Jahreszahl
1495 erbaut."
Eine Zusammenfassung des Vorstehenden in Zahlen er-
giebt, daß in 20 württembergischen Oberämtern vom Jahr
1400 bis 1450 an Kirchen und Kapellen in Stadt e n neu
gebaut wurden 6, vom Jahr 1450 bis 1530 deren 10,
Hechingen eingerechnet 11; mit den von Janssen a. a. O.
für württembergisch Schwaben anfgezählten 21 sind es 32,
und mit den 5 Städten, die derselbe aus der Nachbarschaft
anführt (Dinkelsbühl, Donauwörth, Memmingen, Nördlingen,
Wimpfen am Berg) werden es 37. Restauriert oder ver-
größert wurden vor 1450 1, nach 1450 4 Kirchen. Manche
von diesen Neubauten oder Restaurationen gehört erst dem
16. Jahrhundert an. — An Dorfkirchen oder Kapellen ent-
standen von 1400 bis 1450 ganz neu 11, von 1450 bis
1530 43 (worunter 17 erst im 16. Jahrhundert) und mit
weiteren 5, die Janssen angiebt, sind es 48; restauriert oder
erweitert wurden von 1450 an 14, worunter 6 im 16. Jahr-
hundert. Nehmen wir auch nur alle Neubauten seit dem
Jahr 1450 in Rechnung, so erhalten wir doch die stattliche
Zahl 8 5 für die kurze Zeit von 80 Jahren und für den
mäßigen Raum von 100 und etlichen Quadratmeilen. Dabei
ist indessen noch zu bedenken, daß in vorstehender Aufführung
ohne Zweifel noch manches Bauwerk, welches hierher gehört,
ungenannt geblieben ist, weil es entweder überhaupt oder doch
dem Verfasser an Nachrichten darüber fehlt. (Forts, folgt.)

Nlbunr kathoLischetz vaterländischer Geistlichen,
welche milde Stiftungen gemacht haben in den
letzten 100 Jahren.
Von 4 Pfarrer Schöttle in Seekirch.
Unseren! vaterländischen Klerus wird es gemeiniglich zum
Vorwurf gemacht, daß er selten milde Stiftungen hinterlasse.
Blicken wir aus die Menge der Geistlichen, welche in diesem
Jahrhunderte schon gestorben sind, so ist wirklich die Zahl
der Stiftungen verschwindend klein, noch mehr die der Stifter.
Sofern hat dieser Vorwurf einen Schein von Berechtigung.
Fassen wir aber die thatfächlichen Verhältnisse auf, so modifi-
ziert sich das schlimme Urtheil sehr. Ich besitze ein Verzeich-
nis des ganzen Einkommens jeder Pfarrei des Kapitels Ried-

lingen vom Jahre 1808. Ja, mein Gott! nach AnfhebwO
der Klöster, bei der neuen Organisation wurde das EinkoV'
men der meisten Pfarreien schmal zugemessen. Manche mußü's
in Not ihr Leben fristen. Bedenken wir weiter, wer ist MsP
von den Seinigen in Anspruch genommen, als eben der Geil!'
liehe? Und wenn eine Schwester 30, 40 und 50 Jahre Ihre"
Bruder gedient, wenn sie ihn in gesunden und kranken TagO
verpflegt, für sein Hauswesen gesorgt, alle schwere ökononüßw
Arbeiten gethan, sich für ihren Bruder anfgeopfert hat nnlw
altersschwach geworden ist, da darf ich kecklich fragen:
hat mehr und gerechteren Anspruch an sein Erbe, fernstehew
Leute, die nie etwas für oder am Geistlichen gethan, oder eM
solche Person? Aber, wendet man ein, das PfründeinkoinwO
ist Kirchengnt, also gehört eine Portion, die Quart,
Armen. Recht! aber zunächst dient das Pfründeinkommen
Nutznießung des Geistlichen, denn der Arbeiter ist seines Low
neö wert. Luc. 10, 7. Und wenn der Geistliche durch ein eN
geschränktes, entsagungsvolles Leben von dein, was er U
seinem Vergnügen und seiner Erholung zu verwenden bereck
tigt wäre, sich Manches erspart und znrücklegt, hat er da>P
nicht volle Freiheit über die Disposition desselben? - ^
Armen bekommen ihren Teil dennoch. Schreiber dessen rülPs
sich nicht, aber seine zwei Ausgabenverzeichnisse an Unt^s
stütznngen weisen jährlich 3—400 Mk. auf, einmal sogT
354 sl. Davon kommt nichts in den Zeitungen. Und da-
ist nur an Geld. Was an Krankenwein rc. verschenkt wü^
ist dabei nicht gerechnet. Armenstistnngen sind gewiß zu lobG;
aber meist sind sie nur für die undankbaren Gemeinden eM
Erleichterung ihrer Armenpflicht. , ,
Wie so manches schwere Opfer müssen viele Geistlich
für ihre Geschwister bringen! Den Alten soll man die L>clR '
den, den Jungen das Lehrgeld oder die Aussteuer bezahlt;
Ich kenne einen einfachen Landpfarrer noch im Dienste, welaF
für den einen Bruder 12 000 fl. d. i. 20 577 Mk. 43 chlll
zu bezahlen hatte, um das väterliche Anwesen, das der
jährige Schweiß der seligen Eltern angesammelt hatte, ch
8 unversorgte Enkel zu retten und den Krallen beschnitteP
und nnbeschnittener Juden zu entziehen. Außerdem hatte er s
Laufe der Zeit 3 anderen Geschwistern bei 3600 fl., d. i. 6171 M '
43 Pfg. zu bezahlen, zusammen 26 748 Mk. 86 Pfg. HeV
allein hat er für einen Neffen 375 Mk. in die Dekoration^
Malerschule zu Stuttgart entrichtet; ein anderer in der Nsm
herzoglich badischen Uhrenmacherschnle zu Furtwangen tPE
ihn dieses Jahr bei 600 Mk. Neben dem hat er noch

Neffen, von denen der eine in Ehingen, der andere ^
Tübingen studiert. Da mache man Stiftungen! Und U'Z
all' dem ist ein schönes Familien-Stipendinm schon vorgesehos^
Ein anderer Geistlicher sagte mir vorigen Sommer, daß er
seinem Ausgabenbüchlein über 21000 Mk. stehen habe, die .
auf seine Geschwister verwendete. Und so wird es
manche geben! ....
Zn all' dem gesellen sich die Kollekten jeglicher Art 1)
katholische Kirchen, .Schul- und Waisenhäuser, PeterspfeM^'
Veteranen-Opfer, Mission und Kindheit Jesn-Verein, ja Zw
Fahnen- und Fenerwehrbekleidnng wird er in MitleidenschV
gezogeit. Und wo der reiche Bauer einen Nickel oder ^.
Sieberle giebt, darf der Geistliche gleich markweis geben,
meisten Geistlichen machen die Erfahrung, daß so viele PfarP,
lente nichts als Geld beim Geistlichen entlehnen. Wir ll'P
wahrlich wie Lämmer unter reißenden Wölfen, denn nichts^
undankbarer an seinen Geistlichen, als das katholische Volk
im Allgemeinen. (Fortsetzung folgt.)
 
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