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glitten und kam mehr und mehr in Verfall; 1660 war
wr keine Anzeige mehr von Stein- und Bretterboden, weder
^stsstl noch Altar, kein Stuhl, kein Fenster, nur das Mauer-
stand noch unter Dach. Als aber 1664 Gerüchte gierigen,
Ö Katholiken, welche seit dem westfälischen Frieden alle
Üs^Eu in Eßlingen verloren hatten, wollten vom Kaiser die
Zo^ch^ung der Paulskirche erlangen für sich und für die
^ katholischen Arbeiter Z) welche damals in der Stadt und
. Ngebung wohnten, da ja die Kirche unbenützt leer stehe,
jetzt der Rat in einer Sitzung vom 11. August
^."4, die Kirche zu reparieren und für den protestantischen
. Ktesdienst wieder einznrichten. Der Vorschlag des Burger-
iawr ^ Johann Wendel Pauli: „weil es nicht nur der ge-
o nchn Bürgerschaft, sondern auch durchreisenden Fremden
^!Ks Ärgernis gebe, daß die Kirche so sehr profaniert und
sMnigsach mißbraucht werde, bitte er den Rat zu bedenken,
^ ^ dieselbe ohne Beschwerde des Publizi, durch freiwillige
kiträge renoviert, wieder zum Gottesdienst eingerichtet und
L ^ etwa morgens früh zum Gebet für das Gesinde und die
^hüter, auch zu den Dienstagspredigten verwendet werden
ein>E' tz'ozu er eine ganze Jahressteuer anbiete" — wurde
'""W angenommen, der Bau beschlossen unter Aufsicht
. Alexander Keller und zweier Kastenpfleger, eine Kollekte
ii^^Eet, welche 2406 st. 451/2 kr. eintrug. Am Bartholo-
DUstag wurde die Restauration begonnen, bis zum Advent
^vigt und 10. Januar 1665 die Einweihung der' Kirche
' sklert, welche seit ihrer damaligen Reparatur den Namen
Kirche" erhielt. Die Dienstag- und Festtagspredigten,
letzterer die an Feiertagen, wurden nunmehr da-
Wn ü gehalten. Für die drei Glocken mit 12, 8, 4 Zentnern
IkNk Turm auf der Kirche errichtet, welcher anfangs
" vollendet worden ist; 1689 wurde die Orgel für 350 st.
M von Johann Christof Hartmann, 1666 ein Altar ge-
^ durch Syndikus Georg Friedrich Wagner und dessen
gan' Protestantische Gottesdienst in der Paulskirche hörte
1^04, Orgel und Altar wurden in die Frauenkirche
sei? 1 ' ^0 Paulskirche diente dann als Fouragemagazin,
la-i ^06 als Zimmerwerkstätte, später als Kelter, Zollnieder-
Waghaus, 1828—32 als Lokal für die schwäbischen
hi.bZeste. Seit 25 Jahren aber ist nunmehr die Paulskirche
däns- katholischen Kult zurückgegeben worden. Es schloß
d^vuch im Jahre 1860 10.—20. Septbr. der Stadtrat mit
Äei-k kholischen Kirchengemeinde in Eßlingen nach längeren
Handlungen Anen Vertrag ab: „wornach er ihr um die
von 15 tausend Gulden, welche aus den Mitteln des
st^rkalarfonds bezahlt wurden, die Pauskirche überließ; die-
Urs?-'' k,e in ihrer ganzen Ausdehnung stehen bleiben, im
^ O^ZMglichen Stil restauriert und allein zu gottesdienstlichen
iisa? . verwendet werden, dagegen verzichtete aber die katho-
Gemeinde ausdrücklich auf ewige Zeiten sowohl auf die
ZMsO^benützung der Frauenkirche als auch auf alle und jede
ih^oüche aus Kirchen oder andere Gebäude zur Ausübung
Rt ^-Gottesdienstes." ^) Die Restauration der Panlskirche,
^kaatsmitteln ausgeführt, kostete etwa 30 tauseud Gulden,
irn ^gebahnt noch von Stadtpfarrer Zimmerte und begann
H^ommer 18-61 zuerst unter Bezirksbauinspektoratsverweser
doll^6, Umrde sodann fortgesetzt und in vortrefflicher Weise
durch Bauinspektor 6e bis Frühjahr 1864.
sam ^oche hatte verschiedene Bauschäden; das Dach war bau-
3, desgleichen die Gewölbe, Hauptmauern, Portale und
) Keller, Eßlingen Stadt und Gebiet, 1798, 73 ff.
1 Nach Pfaffs Studien, Eßl. Wochbl. Nr. 32, Beilage.
südliches Seitenschiff; die Fenster ruiniert, Maßwerke verletzt,
Dienste im Chor, auch einige Tragsäulen durch die Kelter-
arbeiten teilweise verstümmelt, der Boden um die Kirche, be-
sonders im Westen, mußte abgegraben werden. Alle diese und
andere Bauschäden wurden mit großer Sorgfalt verbessert,
die Restauration in tüchtiger dem Stil entsprechender Rekon-
struktion durchgeführt. Neu hergestellt wurden: der Hochaltar
aus weißem Sandstein mit zwei vortrefflichen Statuen der
zwei Apostelfürsten, desgleichen die zwei Seitenaltäre mit
Statuen der Madonna und des hl. Joseph durch den Stein-
metzen Müller von Ehingen a/D. in frühgotischen Formen,
sodann die Eichenholzkanzel von Bildhauer Machold in Stutt-
gart (welche neuerdings die 4 Evangelistenbilder in Linden-
holz geschnitzt von Altarbauer Hausch und Bayer in Horb,
die Gewänder in Gold und Ölfarben gefaßt und am Schall-
deckel das Symbol des hl. Geistes als weiteren Schmuck er-
hielt und der besseren Akustik wegen näher gegen die Mitte
des Schiffs versetzt wurde), ferner Eichenholzbeichtstühle; die
Fenster wurden teils mit mattem weißem Glas gemustert, die
größeren Kleeblätter mit Pflanzeuornameuten bemalt, im Chor
sind die Glasgemälde von St. Petrus und Paulus hinter dem
Hochaltar Lei Pfordt in Reutlingen, die anderen einfach bor-
dirten Chorfenster bei Hofglasmaler Wilhelm angefertigt worden.
Die Chorwände wurden teppichartig bemalt, Gurten und Rip-
pen und Schlußsteine an den Gewölben polychromirt. Die
Orgel mit 20 Registern ist von Orgelbauer Weigle in Stutt-
gart, das Gehäuse dazu von Schreinermeister Müller in Denken-
dorf. Auf der Kirche wurde, da der Turm am Chor abge-
tragen worden ist, ein Dachreiter errichtet. Am Dreifaltig-
keitssonntag 1864 wurde erstmals wieder katholischer Gottes-
dienst in der restaurierten Paulskirche gehalten und die feierliche
Konsekration ^) derselben Sonntag 21. August 1864 vollzogen
durch den Hochwürdigsten Herrn Bischof von Rottenbnrg vr.
Joseph von Lipp, welcher hernach 82 Eßlingern das hl. Sakra-
ment der Firmung spendete. Stadtpfarrer Or. Kreuzer hielt
dabei die Festpredigt über Psalm 117, 24. Nach 300 Jahren
freute sich jetzt die katholische Gemeinde von Eßlingen wieder
des Besitzes eines eigenen, durch seine Geschichte und seinen
Kunstwert ausgezeichneten herrlichen Gotteshauses. Die Archi-
tektur uud kunsthistorische Bedeutung der Paulskirche, endlich
die Geschichte der katholischen Stadtpfarrei Eßlingen hätten
wir im folgenden Artikel noch zum Schluß darzulegen.
(Fortsetzung folgt.)
Die Einführung des Christentums im
ehemaligen Nibelgau.
Die St. Martinskirche in Leutkirch, die Mutter-
kirche dieses Gaues und die Entstehung von
Leutkirch.
Mitgeteilt von Rud. Roth, senior.
(Fortsetzung.)
Im Aufträge des Bischof Wichpert von Augsburg kam
der Priester Toffo nach St. Gallen, um Missionäre zur Be-
kehrung der noch heidnischen Bevölkerung des zu seiner Diözese
gehörigen Allgäus zu gewinnen. Der heilige Magnus und
sein Gefährte Namens Theodor verließen die St. Gallenzelle
und folgten dem Priester Toffo über die alten Römerstraßen
nach Bregenz, wo Magnus nach zweitägigem Aufenthalte noch
ein schönes Christenwerk vollbracht hatte. Von Bregenz wurde
die Reise nach Kempten fortgesetzt, welche Stadt durch das
d) Staatsanzeiger für Württbrg., 1864, Nr. 199.
glitten und kam mehr und mehr in Verfall; 1660 war
wr keine Anzeige mehr von Stein- und Bretterboden, weder
^stsstl noch Altar, kein Stuhl, kein Fenster, nur das Mauer-
stand noch unter Dach. Als aber 1664 Gerüchte gierigen,
Ö Katholiken, welche seit dem westfälischen Frieden alle
Üs^Eu in Eßlingen verloren hatten, wollten vom Kaiser die
Zo^ch^ung der Paulskirche erlangen für sich und für die
^ katholischen Arbeiter Z) welche damals in der Stadt und
. Ngebung wohnten, da ja die Kirche unbenützt leer stehe,
jetzt der Rat in einer Sitzung vom 11. August
^."4, die Kirche zu reparieren und für den protestantischen
. Ktesdienst wieder einznrichten. Der Vorschlag des Burger-
iawr ^ Johann Wendel Pauli: „weil es nicht nur der ge-
o nchn Bürgerschaft, sondern auch durchreisenden Fremden
^!Ks Ärgernis gebe, daß die Kirche so sehr profaniert und
sMnigsach mißbraucht werde, bitte er den Rat zu bedenken,
^ ^ dieselbe ohne Beschwerde des Publizi, durch freiwillige
kiträge renoviert, wieder zum Gottesdienst eingerichtet und
L ^ etwa morgens früh zum Gebet für das Gesinde und die
^hüter, auch zu den Dienstagspredigten verwendet werden
ein>E' tz'ozu er eine ganze Jahressteuer anbiete" — wurde
'""W angenommen, der Bau beschlossen unter Aufsicht
. Alexander Keller und zweier Kastenpfleger, eine Kollekte
ii^^Eet, welche 2406 st. 451/2 kr. eintrug. Am Bartholo-
DUstag wurde die Restauration begonnen, bis zum Advent
^vigt und 10. Januar 1665 die Einweihung der' Kirche
' sklert, welche seit ihrer damaligen Reparatur den Namen
Kirche" erhielt. Die Dienstag- und Festtagspredigten,
letzterer die an Feiertagen, wurden nunmehr da-
Wn ü gehalten. Für die drei Glocken mit 12, 8, 4 Zentnern
IkNk Turm auf der Kirche errichtet, welcher anfangs
" vollendet worden ist; 1689 wurde die Orgel für 350 st.
M von Johann Christof Hartmann, 1666 ein Altar ge-
^ durch Syndikus Georg Friedrich Wagner und dessen
gan' Protestantische Gottesdienst in der Paulskirche hörte
1^04, Orgel und Altar wurden in die Frauenkirche
sei? 1 ' ^0 Paulskirche diente dann als Fouragemagazin,
la-i ^06 als Zimmerwerkstätte, später als Kelter, Zollnieder-
Waghaus, 1828—32 als Lokal für die schwäbischen
hi.bZeste. Seit 25 Jahren aber ist nunmehr die Paulskirche
däns- katholischen Kult zurückgegeben worden. Es schloß
d^vuch im Jahre 1860 10.—20. Septbr. der Stadtrat mit
Äei-k kholischen Kirchengemeinde in Eßlingen nach längeren
Handlungen Anen Vertrag ab: „wornach er ihr um die
von 15 tausend Gulden, welche aus den Mitteln des
st^rkalarfonds bezahlt wurden, die Pauskirche überließ; die-
Urs?-'' k,e in ihrer ganzen Ausdehnung stehen bleiben, im
^ O^ZMglichen Stil restauriert und allein zu gottesdienstlichen
iisa? . verwendet werden, dagegen verzichtete aber die katho-
Gemeinde ausdrücklich auf ewige Zeiten sowohl auf die
ZMsO^benützung der Frauenkirche als auch auf alle und jede
ih^oüche aus Kirchen oder andere Gebäude zur Ausübung
Rt ^-Gottesdienstes." ^) Die Restauration der Panlskirche,
^kaatsmitteln ausgeführt, kostete etwa 30 tauseud Gulden,
irn ^gebahnt noch von Stadtpfarrer Zimmerte und begann
H^ommer 18-61 zuerst unter Bezirksbauinspektoratsverweser
doll^6, Umrde sodann fortgesetzt und in vortrefflicher Weise
durch Bauinspektor 6e bis Frühjahr 1864.
sam ^oche hatte verschiedene Bauschäden; das Dach war bau-
3, desgleichen die Gewölbe, Hauptmauern, Portale und
) Keller, Eßlingen Stadt und Gebiet, 1798, 73 ff.
1 Nach Pfaffs Studien, Eßl. Wochbl. Nr. 32, Beilage.
südliches Seitenschiff; die Fenster ruiniert, Maßwerke verletzt,
Dienste im Chor, auch einige Tragsäulen durch die Kelter-
arbeiten teilweise verstümmelt, der Boden um die Kirche, be-
sonders im Westen, mußte abgegraben werden. Alle diese und
andere Bauschäden wurden mit großer Sorgfalt verbessert,
die Restauration in tüchtiger dem Stil entsprechender Rekon-
struktion durchgeführt. Neu hergestellt wurden: der Hochaltar
aus weißem Sandstein mit zwei vortrefflichen Statuen der
zwei Apostelfürsten, desgleichen die zwei Seitenaltäre mit
Statuen der Madonna und des hl. Joseph durch den Stein-
metzen Müller von Ehingen a/D. in frühgotischen Formen,
sodann die Eichenholzkanzel von Bildhauer Machold in Stutt-
gart (welche neuerdings die 4 Evangelistenbilder in Linden-
holz geschnitzt von Altarbauer Hausch und Bayer in Horb,
die Gewänder in Gold und Ölfarben gefaßt und am Schall-
deckel das Symbol des hl. Geistes als weiteren Schmuck er-
hielt und der besseren Akustik wegen näher gegen die Mitte
des Schiffs versetzt wurde), ferner Eichenholzbeichtstühle; die
Fenster wurden teils mit mattem weißem Glas gemustert, die
größeren Kleeblätter mit Pflanzeuornameuten bemalt, im Chor
sind die Glasgemälde von St. Petrus und Paulus hinter dem
Hochaltar Lei Pfordt in Reutlingen, die anderen einfach bor-
dirten Chorfenster bei Hofglasmaler Wilhelm angefertigt worden.
Die Chorwände wurden teppichartig bemalt, Gurten und Rip-
pen und Schlußsteine an den Gewölben polychromirt. Die
Orgel mit 20 Registern ist von Orgelbauer Weigle in Stutt-
gart, das Gehäuse dazu von Schreinermeister Müller in Denken-
dorf. Auf der Kirche wurde, da der Turm am Chor abge-
tragen worden ist, ein Dachreiter errichtet. Am Dreifaltig-
keitssonntag 1864 wurde erstmals wieder katholischer Gottes-
dienst in der restaurierten Paulskirche gehalten und die feierliche
Konsekration ^) derselben Sonntag 21. August 1864 vollzogen
durch den Hochwürdigsten Herrn Bischof von Rottenbnrg vr.
Joseph von Lipp, welcher hernach 82 Eßlingern das hl. Sakra-
ment der Firmung spendete. Stadtpfarrer Or. Kreuzer hielt
dabei die Festpredigt über Psalm 117, 24. Nach 300 Jahren
freute sich jetzt die katholische Gemeinde von Eßlingen wieder
des Besitzes eines eigenen, durch seine Geschichte und seinen
Kunstwert ausgezeichneten herrlichen Gotteshauses. Die Archi-
tektur uud kunsthistorische Bedeutung der Paulskirche, endlich
die Geschichte der katholischen Stadtpfarrei Eßlingen hätten
wir im folgenden Artikel noch zum Schluß darzulegen.
(Fortsetzung folgt.)
Die Einführung des Christentums im
ehemaligen Nibelgau.
Die St. Martinskirche in Leutkirch, die Mutter-
kirche dieses Gaues und die Entstehung von
Leutkirch.
Mitgeteilt von Rud. Roth, senior.
(Fortsetzung.)
Im Aufträge des Bischof Wichpert von Augsburg kam
der Priester Toffo nach St. Gallen, um Missionäre zur Be-
kehrung der noch heidnischen Bevölkerung des zu seiner Diözese
gehörigen Allgäus zu gewinnen. Der heilige Magnus und
sein Gefährte Namens Theodor verließen die St. Gallenzelle
und folgten dem Priester Toffo über die alten Römerstraßen
nach Bregenz, wo Magnus nach zweitägigem Aufenthalte noch
ein schönes Christenwerk vollbracht hatte. Von Bregenz wurde
die Reise nach Kempten fortgesetzt, welche Stadt durch das
d) Staatsanzeiger für Württbrg., 1864, Nr. 199.