Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Die Form: Zeitschrift für gestaltende Arbeit — 2.1927

DOI Artikel:
Rundschau
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.13210#0037

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
oder der lebendigen Form sich zu erkennen gibt.
Daher mögen sich das Schicksal der Fordwerke
alle diejenigen zu Herzen nehmen, die in der
fabrikmäßigen Herstellung von Häusern oder
Hansrai das einzige Heil erblicken. R.

Die Muttergottes am Liebfrauenhof

An dem zu einem Geschäftshaus umgebauten
früheren Liebfrauenpfarrhaus, dem „Liebfrauen-
hofe", in Frankfurt (Main), das dem dortigen
Kloster vorgebaut ist, hat der Architekt, durch den
Namen des Platzes angeregt, eine Madonnenstatue
des Bildbauers Wilhelm F. C. Ohly angebracht.
Diese Figur wurde wieder entfernt, weil sie als
dem religiösen Empfinden eines großen Teils der
katholischen Bevölkerung widerstrebend beanstan-
det wurde. Die Leser der „Form", denen wir die
Figur im Bilde zeigen, werden diese Stellungnahme
kaum begreifen. Der Fall ist nicht ohne Interesse,
weil er wieder einmal zeigt, wie mächtig die öffent-
liche Meinung in Fragen der modernen Kunst leider
immer ist und wie unsicher das Gefühl des nicht
künstlerisch eingestellten Menschen heute noch ist.
Gerade auf dem Gebiete der religiösen Kunst —
man denke an das Schicksal des Kruzifixus von
Ludwig Gies! — zeigt sich das besonders stark und

MADONNEN STATUE ALS HAUSZEICHEN
VON F. C. OHLY, FRANKFURT A. M.

verhängnisvoll. Die gläubige Menschheit ist durch
den charakterlosen Schund, der seit vielen Jahr-
zehnten als kirchliche Kunst ausgegeben wird, so
verdorben, daß sie jede neue Form, an die sie sich
vielleicht im übrigen allmählich gewöhnt hat, im
Zusammenhang mit der Religion ablehnt. Das
religiöse Gefühl scheint unlösbar mit dem Kitsch
des 19. Jahrhunderts verbunden zu sein, Es fehlt
jede Empfindung dafür, daß doch eigentlich
gerade die Charakterlosigkeit dieser kirchlichen
Kunst, die jeder Andacht bare Arbeitsweise der
Devotionalienfabriken das Antireligiöseste ist, was
man sich denken kann.

Bei dem gewalligen Beharrungsvermögen der
Kirche ist es kein Wunder, wenn sich einer Besse-
rung der Zustände die größten Schwierigkeiten
entgegenstellen. Die Besserung kann nur daher
kommen, daß die Kirche selbst als Auftraggeberin
neue Wege beschreitet. Die radikal ablehnende
Stelle, d;e sie früher einnahm, gilt heute nicht
mehr so allgemein. Man kann schon da und dort
beobachten, wie die Kirche bereit ist, die religiösen
Kräfte, die gerade innerhalb der modernen Künst-
lerschaft gar nicht so gering sind, in ihren Dienst
zu stellen, wie sie vor allem erkannt hat, welche
Beziehungen zwischen einer echten und ehrlich
dienenden handwerklichen Arbeil und dem religiö-
sen Empfinden bestehen. Dies gilt vor allem für
die Kreise, die sich in der „Tagung für kirchliche
Kunst" zusammengeschlossen haben, mit deren Be-
strebungen wir uns bei Gelegenheit einmal näher
befassen werden. An dem Frankfurter Fall ist
für uns das eine wichtig, daß hier wenigstens ein
Teil der katholischen Geistlichkeit sich für die
Figur warm eingesetzt hat, daß es also vielleicht
zu keiner Ablehnung gekommen wäre, wenn die
Figur an einer Kirche, wo vor allem die Geistlich-
keit zu entscheiden hat, und nicht an einem pro-
fanen Haus hätte angebracht werden sollen.

Rheinbrücken

Eine falsche Romantik hat die Brücken des
19. Jahrhunderts zu dekorativen Gebilden gemacht
und das Werk des Ingenieurs mit Archileklurteilen
und plastischem Zierat beladen. Man glaubte be-
sonders bei den Pf eilerauf bauten und Aufgängen,
die sich als günstigste Angriffspunkte für archi-
tektonische und plastische Verzierungen darbiclen,
die Angleichung an die umgebende Architektur
vollziehen zu müssen. Allmählich weicht bei uns
die Scheu, die Werke des Ingenieurs als konstruk-
tive Zweckschöpfungen zu zeigen, der Ehrlichkeit
und der Freude an diesen Formen, weil sie uns
vertrauter werden. Leider stehen überall noch ver-
kleislerle Brücken und es muß freudig begrüßt
werden, wenn man es wagt, das überflüssige und
Dekorative zu entfernen. Man kann ja nicht
immer abreißen und neu aufbauen. In Düsseldorf
hat man im verflossenen Jahre dank der Stellung-

29
 
Annotationen