zu rührend und tragisch, wenn man auf
Handwerker-Ausstellungen beobachtet, wie
einzelne Leute zackige, sogenannte moderne
Formen aufnehmen und versuchen, von
ihrem Standpunkt aus damit fertig zu
werden.
Beim Kunsthandwerk ist entweder das
handwerklich Technische rein und nur Die-
ner der künstlerischen Idee oder Material
und Technik werden als eigener schöner
Wert bewußt herausgestellt. Die Glasur
eines einfachen keramischen Erzeugnisses
kann ein solcher Selbstwert sein, ebenso wie
die gute Behandlung des Holzes bei einem
Möbelstück. Sobald aber solche handwerk-
lich-technischen Werte nur dazu da sind,
um eine modische äußerliche Formen-
sprache elegant und interessant aufzu-
machen, werden sie nie befriedigen. Etwas
anderes ist es, wenn sie Diener einer
künstlerischen Idee sind, die natürlich
auch von Material und Technik Ii er ihre
Befruchtung erhalten kann. Handwerklich
gute Werte wollen erkannt und sogar her-
ausgestellt sein. Sie müssen als Selbstwerte
auch vom Beschauer angesehen werden.
Dann liegt der Weg offen zu einer Gesun-
dung dessen, was man Kunsthandwerk
nennt. Es fehlt aber auch dem Handwerk
an einem gesunden Schatz von guten selbst-
verständlichen Formen. Ein Wille zum
Typus muß sich hier ebenso geltend
machen wie bei der industriellen Verferti-
gung. Es ist ein grundsätzlicher Irrtum,
daß Kunsthandwerk individuelle Werte er-
zeugen müsse, wenn individuell im Sinn von
Persönlichkeilsliebhaberei aufgefaßt wird.
Bichtig ist es, wenn man dabei unter indivi-
duell das liebevolle Eingehen auf die Ein-
zelarbeit versteht. Das Individuelle setzt
erst dann ein, wenn eine starke künst-
lerische Idee das Handwerkliche nur als
Mittler benutzt.
Die Beste guten gestaltenden Handwerks,
die wir noch besitzen, müssen erhalten wer-
den, aber nicht romantisch verträumt oder
konserviert wie eine Antike. Handwerk,
gutes Handwerk, wird nie aussterben, so-
lange wir künstlerische Werte verlangen,
wenn auch im Augenblick, wo die Entwick-
lung der Technik und der Maschine alle
Blicke gefangen hält, hier und da diese
Werte in den Hintergrund gedrängt hat.
Aber man erhält das Kunslhandwerk nicht,
indem man ihm Formen schenkt, seien es
kümmerliche Ableger modischer Slilfor-
men oder seien es Volkskunstformen.
Handwerkliche Gestaltung kann nur aus
ihren eigenen Bedingungen heraus wieder
Werte schaffen.
.DIE NEUEN
SCHIFFSBAUTEN DES NORDDEUTSCHEN LLOYD
Der Norddeutsche Lloyd hat, wie in der
Tagespresse zu lesen ist, zwei Schiffe von
gewalliger Größe neu in Auftrag gegeben.
Darf man hoffen, daß bei dieser Gelegen-
heit das Problem der Inneneinrichtung
eines Passagierdampfers nunmehr endlich
ernsthaft in Angriff genommen wird? Wel-
cher Wert auf die Innenaustattung der
großen Schiffe gelegt wird, welche Mittel
dafür aufgewendet werden, ist bekannt ge-
nug. Um so merkwürdiger ist es, daß unse-
res Wissens noch kein einziger Passagier-
dampfer so ausgestattet wurde, daß darin ein
Hauch modernen Geistes zu verspüren wäre.
Wohl hat man da und dort versucht, /sich
von den historischen Formen zu lösen und
sicli des modernen kunstgewerblichen Stiles
zu bedienen — vor dem Kriege bereits in
einigen von den „Deutschen Werkstätten"
ausgestatteten Dampfern, nach dem Kriege
vor allem in dem „Albert Ballin" der Hapag,
dessen Innenräume in einer Art von kunst-
gewerblichen Expressionismus ausgestattet
sind —, noch nie aber hat man, abgesehen
von den Bäumen dritter Klasse und einigen
Bäumen auf Kriegsschiffen, auf die doch
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Handwerker-Ausstellungen beobachtet, wie
einzelne Leute zackige, sogenannte moderne
Formen aufnehmen und versuchen, von
ihrem Standpunkt aus damit fertig zu
werden.
Beim Kunsthandwerk ist entweder das
handwerklich Technische rein und nur Die-
ner der künstlerischen Idee oder Material
und Technik werden als eigener schöner
Wert bewußt herausgestellt. Die Glasur
eines einfachen keramischen Erzeugnisses
kann ein solcher Selbstwert sein, ebenso wie
die gute Behandlung des Holzes bei einem
Möbelstück. Sobald aber solche handwerk-
lich-technischen Werte nur dazu da sind,
um eine modische äußerliche Formen-
sprache elegant und interessant aufzu-
machen, werden sie nie befriedigen. Etwas
anderes ist es, wenn sie Diener einer
künstlerischen Idee sind, die natürlich
auch von Material und Technik Ii er ihre
Befruchtung erhalten kann. Handwerklich
gute Werte wollen erkannt und sogar her-
ausgestellt sein. Sie müssen als Selbstwerte
auch vom Beschauer angesehen werden.
Dann liegt der Weg offen zu einer Gesun-
dung dessen, was man Kunsthandwerk
nennt. Es fehlt aber auch dem Handwerk
an einem gesunden Schatz von guten selbst-
verständlichen Formen. Ein Wille zum
Typus muß sich hier ebenso geltend
machen wie bei der industriellen Verferti-
gung. Es ist ein grundsätzlicher Irrtum,
daß Kunsthandwerk individuelle Werte er-
zeugen müsse, wenn individuell im Sinn von
Persönlichkeilsliebhaberei aufgefaßt wird.
Bichtig ist es, wenn man dabei unter indivi-
duell das liebevolle Eingehen auf die Ein-
zelarbeit versteht. Das Individuelle setzt
erst dann ein, wenn eine starke künst-
lerische Idee das Handwerkliche nur als
Mittler benutzt.
Die Beste guten gestaltenden Handwerks,
die wir noch besitzen, müssen erhalten wer-
den, aber nicht romantisch verträumt oder
konserviert wie eine Antike. Handwerk,
gutes Handwerk, wird nie aussterben, so-
lange wir künstlerische Werte verlangen,
wenn auch im Augenblick, wo die Entwick-
lung der Technik und der Maschine alle
Blicke gefangen hält, hier und da diese
Werte in den Hintergrund gedrängt hat.
Aber man erhält das Kunslhandwerk nicht,
indem man ihm Formen schenkt, seien es
kümmerliche Ableger modischer Slilfor-
men oder seien es Volkskunstformen.
Handwerkliche Gestaltung kann nur aus
ihren eigenen Bedingungen heraus wieder
Werte schaffen.
.DIE NEUEN
SCHIFFSBAUTEN DES NORDDEUTSCHEN LLOYD
Der Norddeutsche Lloyd hat, wie in der
Tagespresse zu lesen ist, zwei Schiffe von
gewalliger Größe neu in Auftrag gegeben.
Darf man hoffen, daß bei dieser Gelegen-
heit das Problem der Inneneinrichtung
eines Passagierdampfers nunmehr endlich
ernsthaft in Angriff genommen wird? Wel-
cher Wert auf die Innenaustattung der
großen Schiffe gelegt wird, welche Mittel
dafür aufgewendet werden, ist bekannt ge-
nug. Um so merkwürdiger ist es, daß unse-
res Wissens noch kein einziger Passagier-
dampfer so ausgestattet wurde, daß darin ein
Hauch modernen Geistes zu verspüren wäre.
Wohl hat man da und dort versucht, /sich
von den historischen Formen zu lösen und
sicli des modernen kunstgewerblichen Stiles
zu bedienen — vor dem Kriege bereits in
einigen von den „Deutschen Werkstätten"
ausgestatteten Dampfern, nach dem Kriege
vor allem in dem „Albert Ballin" der Hapag,
dessen Innenräume in einer Art von kunst-
gewerblichen Expressionismus ausgestattet
sind —, noch nie aber hat man, abgesehen
von den Bäumen dritter Klasse und einigen
Bäumen auf Kriegsschiffen, auf die doch
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