Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Form: Zeitschrift für gestaltende Arbeit — 2.1927

DOI Artikel:
Block, Fritz: Wohnform und Wandlungsfähigkeit
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.13210#0050

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
1?.;

_I i-----,—

I -16: &o

ERLÄUTERUNG ZUR NORMALTYPE

1) Gemauerte Nische für Garderobe. 2) Topf- und Spezereischrank, darüber Schrank für wenig gebrauchte Sachen,
vom Flur aus zugänglich. 3) Herd oder Gasherd. 4) Aufwasch, darüber bis zur Fensterwand Hängeschrank, darunter
Kochkiste auf Rollen. 5) Entlüftbarer Speiseschrank, obere Platte gleichzeitig Arbeitstisch. 5 a) Tropfbrett, darüber
hängend Tropfgestell. 6) Besenkammer. 7) Vorratskiste. 8) Aufklappbarer Tisch. 9) Schreibtisch. 10) Eßtisch.

11) Kleiderschrank. 12) Waschtisch. 13) Kleiderbort.

Radikalismus werden wir nur das Gegen-
teil, nämlich Wolmschäden, erreichen.

Die Räume, die an sich schon knapp be-
messen sind, werden dann anderen Zwek-
ken (Vermietung usw.) zugeführt, wenn
ihre Funktion nicht von vornherein völlig
eindeutig festgelegt ist. Unser Ziel errei-
chen wir nur, wenn wir uns als wirkliche
Funktionalisten restlos von den Bedürfnis-
sen und Gewohnheiten der Leute leiten las-
sen, und in unseren eigenen Reihen Indivi-
dualismus und Orginalitätssucht bekämp-
fen. Denn diese sind letzten Endes nur ver-
kappter Formalismus.

Typisch für diese Gedankengänge ist die
augenblickliche Auffassung der Küche in
der Kleinwohnung. Ich nehme hier den üb-
lichsten Fall an, den Haushalt ohne Dienst-
boten. Man kommt leider wieder häufig
dazu, hier die Küche als Sonderraum, als
Isolierzelle zu planen und begründet das
damit, daß die Familie nicht in der von
Dünsten erfülllen Luft ihre Mahlzeiten ein-
nehmen könne. So einfach ist aber die For-
mung von Typen nicht. Gehen wir einmal

an diesem Rcispiel unverdorben der Sache
auf den Grund.

In vielen Gegenden des Reiches hat sich die
Wohnküche seit langem bis in unsere Tage
hinein erhalten. Nun wird gerne behauptet,
die Wohnküche sei eine Wohnform, die aus
ländlichen Verhältnissen übernommen den
heutigen großstädtischen Ansprüchen nicht
gerecht werde. Sehr richtig : soweit wenig-
stens, als es sich um die am stärksten ver-
breitete schematische Form des lang-
gestreckten normalen Raumes handelt.
Warum ist die Wohnküche in dieser Form
unbrauchbar und unzeitgemäß? Weil sie
eine gedankenlose, uniformierte Raumform
darstellt, die sich dem ganzen Rauorganis-
mus mühelos einfügt, den Ansprüchen der
Bewohner aber völlig unzureichend gerecht
wird. Im Gegenteil, sie ist absolut unge-
eignet für deren Bedürfnisse, weil sie den
Funktionen des Kochens und Wirtschaftens
ebenso schlecht gerecht wird, wie denen des
Wohnens. Der tief erliegende Grund liegt
darin, daß man beide in idealer Form nur
erfüllen kann, wenn man sie klar trennt.

42
 
Annotationen