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Die Form: Zeitschrift für gestaltende Arbeit — 2.1927

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Creutz, Max: Alte und neue Farbprobleme
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https://doi.org/10.11588/diglit.13210#0086

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men beschäftigt, wie sich aus Anregungen,
wie aus dem Kreise des Blauen Reiters, bei
Künstlern wie Campendonk, Kandinsky,
Marc, gänzlich neue Anschauungen ergaben.
In diesem Zusammenhange wäre auch der
frühe Emil Nolde und Schmidt-Rottluff
zu nennen. Der letztere arbeitet in ähn-
licher Weise wie Macke mit den einfachsten
Komplementärfarben, mit dem Unter-
schiede, daß Macke unter dem Einfluß
der westlichen Malkultur stand, während
Schmidt-Rottluff wesentlich von Osten her
den Reichtum seiner Farbengebung auf-
blühen ließ. Jedenfalls hat Schmidt-Rott-
luff in den Werken der letzten Jahre es
außerordentlich verstanden, die Größe der
Farbkomplexc in richtigen Einklang zur
Gesamtwirkung des Bildes zu bringen. Ihm,
wie auch dem Krefelder Campendonk, ist
bewußt, daß die Wirkung einer Farbe ge-
steigert oder abgeschwächt werden kann
durch die Form, welche sie umgibt, daß
zum Beispiel ein Gelb in runder Form
(Kreis) schwächer oder weniger schrill
wirkt, wie wenn dieses Gelb von einem spitz
zulaufenden Dreieck umrissen wird. Umge-
kehrt erreicht Blau seine größte Tiefenwir-
kung im Kreis, während es im Dreieck ab-
geschwächt erscheint. Weilerhin erreicht
Rot die größte Entfaltung seiner Kraft im
Quadrat, erscheint dagegen in einem Recht-
eck abgeschwächt. Es kommt nun darauf
an, daß bei Violett die Zwischenform ge-
funden wird von Rot zu Blau, bei Orange
die von Gelb zu Rot. Hier gibt es natür-
lich viele Möglichkeiten, die nur von der

Intuition des Künstlers abhängen. Wissen-
schaftlich wird man hier kaum oder doch
nur in großen Umrissen etwas erreichen.
Für die Krefelder Seidenindustrie können
diese Anschauungen erst ganz allmählich
wirksam werden. Von besonderem Inter-
esse ist, daß Künstler wie H. Macke, Cam-
pendonk, ferner auch Nauen in ihrer star-
ken Farbigkeit aus der Krefelder Industrie
herauswachsen. Weiter ist es kein Zufall,
daß sich hier bedeutende Privatsammlungen
befinden, die im Hinblick auf die Industrie
zusammengestellt wurden, um in formaler
und farbiger Hinsicht Anregung zu geben.
Aus diesen Sammlungen heraus war es
möglich, kubistische Werke der Franzosen
und farbig ganz außergewöhnlich wirkende
Arbeiten auszustellen, die in anderen Städ-
ten vielleicht Entsetzen erregten, während
sie in Krefeld, wo die Bevölkerung durch
die Seide an abstrakte Formen, eine starke
Farbigkeit von Jugend her gewöhnt ist, als
selbstverständlich hingenommen wurden.
Alex Oppenheimer weist schon an dieser
Stelle darauf hin, daß es daher eine beson-
dere Aufgabe für Krefeld ist, den Farben-
sinn durch planmäßigen Unterricht zu heben
und weiter zu entwickeln. Emil Orlik und
H. Campendonk waren bereits in einem
derartigen Unterricht tätig. Auch für die
Folge wäre es wünschenswert, wenn sich die
wirtschaftlichen Verbände der Seidenindu-
strie dieses für Krefeld so außerordentlich
wichtigen Gebietes annähmen, von dem man
wohl sagen kann, daß es zum Lebenselement
der Stadt gehört.

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