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Die Form: Zeitschrift für gestaltende Arbeit — 2.1927

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Riezler, Walter: Die festen Lehrpläne der Kunstgewerbeschulen
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https://doi.org/10.11588/diglit.13210#0197

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Die Formulierung des Ministeriums ist ganz
ausgezeichnet. Der unvoreingenommene Be-
urteiler wird daraus schließen müssen, daß
es wahrscheinlich an einer größeren Anzahl
von Kunstgewerbeschulen zu einer Einfüh-
rung der festen Lehrpläne nicht kommen
wird. Der Hinweis des Ministeriums auf
diejenigen Schulen, die mit der Einführung
der Lehrplänc bereits begonnen haben, hat
unseres Erachtens die Beweiskraft nicht, die
das Ministerium ihm gern geben möchte. Er
beweist nur, daß es heule nebeneinander
ganz verschiedene Typen von Kunstge-
werbeschulen gibt, was ja auch jedem Ken-
ner der Verhältnisse nichts Neues ist. In
der Tat gibt es einige Schulen, die mehr als
eine gewisse Zusammenfassung verschiede-
ner Fachschulen anzusehen sind, und an
diesen Schulen lassen sich allerdings Fach-
abteilungen und feste Lehrpläne ohne wei-
teres einführen. Daneben stehen aber
andere Schulen, und zwar sind es nicht die
kleinsten und unbedeutendsten, in denen das
künstlerische Element, d. h. das große
Problem der gestaltenden Arbeit aller Art,
bis hinein in das Reich der freien Kunst, im
Vordergrund steht. Und diese Schulen wer-
den unter dem neuen Zwang so stark leiden
müssen, daß Gefahr besteht, daß die jungen
hoffnungsvollen Keime einer neuen Ent-
wicklung wieder verkümmern.
Freilich darf nicht vergessen werden, daß
auch diese Schulen es nicht, wie die Aka-
demien alten Stiles, nur mit der freien
Kunst zu tun haben. Ihr Arbeitsgebiet ist
das „Handwerk" im weitesten und schön-
sten Sinne. Deswegen haben sie auch die
Pflicht, die Frage der handwerklichen Aus-
bildung ihrer Schüler so ernst wie irgend
möglich zu nehmen. Es ist nicht zu leug-
nen, daß diese Verpflichtung nicht von allen
modernen Kunstgewerbeschulen schon klar
erkannt ist. Die ausgezeichnete handwerk-
liche Schulung jedoch, die schon seit Jahren
an manchen Kunstgcwcrbeschulcn vermit-
telt wird, zeigt, daß auch innerhalb des
freien Betriebes der Kunstgewerbeschule
eine derartige Ausbildung möglich ist.
Wenn das Ministerium sich darum an-

nimmt, daß diese A^erpflichtung allgemein
anerkannt wird, würde es den Beifall aller
haben. Der Weg hierzu wäre eine noch
umfassendere Ausgestaltung des Werkstatt-
betriebes und eine auf der Schule durch-
geführte ganz gründliche handwerkliche
Lehre, die ihren Abschluß in einer allge-
mein anerkannten Gesellenprüfung finden
müßte. W. Riezler

TONBRAND

Kölner Werkschulen, Klasse Reinacher

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