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Die Form: Zeitschrift für gestaltende Arbeit — 2.1927

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Fries, Heinrich de: Organisation eines Baugedankens
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https://doi.org/10.11588/diglit.13210#0211

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Blockeinheit bis in ihre beinahe letzten
Konsequenzen durchgeführt, auch Kleinig-
keiten wie die gemeinsame Lichtschaltung
sämtlicher Treppenhäuser, die Nachtbe-
leuchtung der Läden und Eingangstore,
ebenso wie ihre Beschriftung sind nicht ver-
gessen. Immer wieder fesselnd ist der
Licht-Rhythmus der erleuchteten Treppen-
häuser in der Nacht, die zugleich den Innen-
park erhellen. Die Dauergärten von je
ooo qm Fläche sind ein fester Bestandteil
des organisatorischen Grundgedankens. Bei
der Erstellung der Trennwände sind Ein-
bauten für Kleinvieh, Bienenzucht usw. mit
vorgesehen. Diese Nutzgärten, die je-
weils zu einer bestimmten Wohnung ge-
hören, verfügen über Regenanlagen, Kom-
postierung, Fruchtwende usw. Zur Diirch-
führung der garlentechnischen Details ist
Leberecht Migge mit herangezogen worden.
Der Mietpreis der Wohnungen ergibt sich
aus der Verzinsung der Selbstkosten, Über-
schüsse aus den gewerblichen Räumen die-
nen zur Senkung der allgemeinen Erhal-
lungs- und Verwaltungskosten. Die Mieten
selbst betragen für Wohnküche, Stube und
Kammer zuzüglich W. C. und zweier Kel-
lerräume 3o Mark in Monat, für Küche,
Stube und zwei Kammern 35 Mark, für
Küche, zwei Stuben und zwei Kammern
4o Mark.

Diese Mieten sind als billig zu bezeichnen,
besonders im Vergleich zu neueren Klcin-
wolmungs-Großanlagen im Norden wie im
Südosten Berlins. Sie bedeuten also einen
sehr wichtigen Fortschritt in der Gesamt-
enlwicklung des Kleinwohnungswesens.
Wer ernsthaft Kleinwohnungen bauen will,
muß sicli endlich entschließen, vom
Wochen- und Monatseinkommen des Hee-
res der Industriearbeiter und ihrer Fami-
lien, ebenso der niederen Beamtenschaft
auszugehen, nicht aber von der Romantik
der „Sachlichkeit" der Blockanlage und von
Finessen des inneren Ausbaues. Zweckvoll
in Wahrheit ist nur eine wirklich gut er-
schwingliche Wohnung. Und unter diesem
Werlurteil sind bisher Millionen von Bau-
geldern sagen wir ruhig verpulvert wor-
den, verausgabt in der lässigen, wenn auch
etwas modernisierten Weiterführung eines
Wohnsyslems, das in erster Linie grund-

sätzlicher Abänderung bedurft hätte. Über
die Schuld an diesem Unheil soll in der
letzten Stunde einer noch möglichen Abkehr
nicht gestritten werden. Personen sind
immer Exponenten, niemals Ursachen.
Solche notwendige kritische Einschränkung
gilt am wenigsten bei der Volkshilfe-Ge-
sellschaft in Celle. Die hat mit der Leistung
des Architekten Haesler sich in zielklaren
Etappen an die Lösung dieses noch immer
offenstehenden, riesigsten Problems des
ganzen Städte- und Wohnungsbaues in
Deutschland herangearbeitet. Ihre Mieten
stellen heule angesichts der Qualität des
Mietobjekles schlechthin eine Standardlei-
slung dar. Aber schon sind Vorbereitungen
getroffen zu einer weiteren, noch bedeu-
tungsvolleren Tal : Neue Typen sollen er-
richtet werden, deren billigster 12 Mark,
deren leuerstcr für eine 6- bis 8 köpfige
Familie 20 Mark Monatsmiete nicht über-
schreiten wird. Man kann einem Willen nur
den besten Erfolg herbeiwünschen, der so
unermüdlich und zielbewußt sich an die
Lösung der größten deutschen Aufgabe der
Gegenwart Zug um Zug heranarbeitet. Nur
auf diesem Wege kann das Riesenwerk der
sozialen Versöhnung in Wahrheil über-
haupt jemals geleistet werden.

IL de Fries

201
 
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