gischen Landes verlegt, in denen rasch fließende
Wässer dienstbar gemacht wurden. Dort lagen ja
auch seit der Ausnützung der Wasserkräfte die
Wasserhämmer, in denen die Rohformen ausge-
schniiedet wurden. Diese im Verein mit den
Schleifkotten gaben denn auch der Landschaft ihr
besonderes Gepräge. Die Wasserhämmer sind
heute auf Solinger Gebiet verschwunden, nicht
aber die Köllen. Man rühmt heute noch von den
Schleifern der Wupperkotten, daß sie die beste
Arbeil liefern.
Von der Tätigkeit und der Bedeutung eines Solin-
ger Schleifers kann sich ein Außenstehender kaum
einen richtigen Begriff machen. Wie falsch diese
meist eingeschätzt werden, ergibt sich aus dem
Umstände, daß der Ausdruck Scherenschleifer
häufig als Schimpfwort gebraucht, ja sogar ver-
ächtlich auch auf Tiere angewandt wird. Die
Namen tüchtiger Schleifermeister sind unsterblich
und pflanzen sich durch Überlieferung und Lite-
ratur fort. Man betrachte sich auch die Arbeit
als solche. Der Schleifer, hockend vor dem nassen
Sandslein, drückt mit den Knien die in dem Ort-
spohn liegende Klinge gegen den Stein, wobei er
den Schleifvorgang durch das Spiel seiner Hände
beeinflußt. Er sieht nie, was er macht, er sieht
immer nur, was er gemacht hat. Je größer das
Werkstück, um so größer auch die Anstrengung.
Dabei leidet er unter der Nässe oder unter der
Staubentwicklung. Welch eine jahrelange Erfah-
rung zur Ausübung dieses Handwerkes gehört, er-
hellt am besten aus folgenden Tatsachen. Kein
Messerschleifer schleift eine Schere oder sonst eine
andere Stahlware. Doch damit nicht genug. Der
Scherenschleifer, der die Näh- oder Hausschere
schleift, schleift nur diese in bestimmten Abmes-
sungen und nicht etwa auch Stick- oder Schneider-
scheren; der, der Taschenmesserklingen schleift,
schleift keine für Tischmesser und umgekehrt.
Jeder hat sein ganz besonderes und eng begrenztes
Arbeitsgebiet, auf dem er Meister ist.
Mit der Zunahme der Fabrikbetriebc und des
Kraftantriebes wanderten auch die Schleifer von
den Wasserläufen allmählich ab. Denn die Was-
serkräfte waren doch zu launenhaft. Im Winter
bei Frost, im Sommer bei langer Trockenheit oder
im Herbst und Frühling bei Überflutungen hieß es
nur zu oft, tage-, ja wochenlang auszusetzen. Da
waren die Dampfmaschine und später der Elektro-
motor und die Gasmaschine doch zuverlässiger.
So bauten die Fabriken eigene Schleifereien mit
ein. Aber auch in diesen arbeilen selbständige
Schleifermeister. Sie mielen ihre Arbeitsstellen
von dem Fabrikanten, ohne sich zu verpflichten
für diesen Schleifarbeilen auszuführen. In vie-
len Fällen schleifen sie für eine größere Anzahl
Fabrikanten, worunter sich der Vermieter befin-
den kann. Denn letzterer wird Wert darauf legen,
einen möglichst großen Teil seiner Schleif arbei-
ten von seinen Mietern erledigt zu erhallen. Diese
sind völlig selbständig, sie unterstehen nicht der
Fabrikordnung, richlen sich ihre Arbeitszeil ein,
wie sie wollen, wobei sie natürlich auf die Be-
triebszeit der Kraftmaschine Rücksicht nehmen
müssen. Ihre Werkzeuge und Materialien beschaf-
fen sie sich selbst, für die entnommene Antriebs-
kraft zahlen sie eine Gebühr.
In den letzten Jahren sucht allerdings die Ma-
schine die Handarbeit auch auf diesem Gebiet zu
verdrängen. Aber wenn man sich die Stahlwaren
KUCHENHEBER
Ausführung: „Alto-Werk" Richard Haastert St Bült, Wald-Solingen, Entwurf: Paul Woenne
351
Wässer dienstbar gemacht wurden. Dort lagen ja
auch seit der Ausnützung der Wasserkräfte die
Wasserhämmer, in denen die Rohformen ausge-
schniiedet wurden. Diese im Verein mit den
Schleifkotten gaben denn auch der Landschaft ihr
besonderes Gepräge. Die Wasserhämmer sind
heute auf Solinger Gebiet verschwunden, nicht
aber die Köllen. Man rühmt heute noch von den
Schleifern der Wupperkotten, daß sie die beste
Arbeil liefern.
Von der Tätigkeit und der Bedeutung eines Solin-
ger Schleifers kann sich ein Außenstehender kaum
einen richtigen Begriff machen. Wie falsch diese
meist eingeschätzt werden, ergibt sich aus dem
Umstände, daß der Ausdruck Scherenschleifer
häufig als Schimpfwort gebraucht, ja sogar ver-
ächtlich auch auf Tiere angewandt wird. Die
Namen tüchtiger Schleifermeister sind unsterblich
und pflanzen sich durch Überlieferung und Lite-
ratur fort. Man betrachte sich auch die Arbeit
als solche. Der Schleifer, hockend vor dem nassen
Sandslein, drückt mit den Knien die in dem Ort-
spohn liegende Klinge gegen den Stein, wobei er
den Schleifvorgang durch das Spiel seiner Hände
beeinflußt. Er sieht nie, was er macht, er sieht
immer nur, was er gemacht hat. Je größer das
Werkstück, um so größer auch die Anstrengung.
Dabei leidet er unter der Nässe oder unter der
Staubentwicklung. Welch eine jahrelange Erfah-
rung zur Ausübung dieses Handwerkes gehört, er-
hellt am besten aus folgenden Tatsachen. Kein
Messerschleifer schleift eine Schere oder sonst eine
andere Stahlware. Doch damit nicht genug. Der
Scherenschleifer, der die Näh- oder Hausschere
schleift, schleift nur diese in bestimmten Abmes-
sungen und nicht etwa auch Stick- oder Schneider-
scheren; der, der Taschenmesserklingen schleift,
schleift keine für Tischmesser und umgekehrt.
Jeder hat sein ganz besonderes und eng begrenztes
Arbeitsgebiet, auf dem er Meister ist.
Mit der Zunahme der Fabrikbetriebc und des
Kraftantriebes wanderten auch die Schleifer von
den Wasserläufen allmählich ab. Denn die Was-
serkräfte waren doch zu launenhaft. Im Winter
bei Frost, im Sommer bei langer Trockenheit oder
im Herbst und Frühling bei Überflutungen hieß es
nur zu oft, tage-, ja wochenlang auszusetzen. Da
waren die Dampfmaschine und später der Elektro-
motor und die Gasmaschine doch zuverlässiger.
So bauten die Fabriken eigene Schleifereien mit
ein. Aber auch in diesen arbeilen selbständige
Schleifermeister. Sie mielen ihre Arbeitsstellen
von dem Fabrikanten, ohne sich zu verpflichten
für diesen Schleifarbeilen auszuführen. In vie-
len Fällen schleifen sie für eine größere Anzahl
Fabrikanten, worunter sich der Vermieter befin-
den kann. Denn letzterer wird Wert darauf legen,
einen möglichst großen Teil seiner Schleif arbei-
ten von seinen Mietern erledigt zu erhallen. Diese
sind völlig selbständig, sie unterstehen nicht der
Fabrikordnung, richlen sich ihre Arbeitszeil ein,
wie sie wollen, wobei sie natürlich auf die Be-
triebszeit der Kraftmaschine Rücksicht nehmen
müssen. Ihre Werkzeuge und Materialien beschaf-
fen sie sich selbst, für die entnommene Antriebs-
kraft zahlen sie eine Gebühr.
In den letzten Jahren sucht allerdings die Ma-
schine die Handarbeit auch auf diesem Gebiet zu
verdrängen. Aber wenn man sich die Stahlwaren
KUCHENHEBER
Ausführung: „Alto-Werk" Richard Haastert St Bült, Wald-Solingen, Entwurf: Paul Woenne
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