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Die Form: Zeitschrift für gestaltende Arbeit — 2.1927

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Horn; Woenne, Paul: Das Handwerk in der Solinger Stahlwaren-Industrie
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https://doi.org/10.11588/diglit.13210#0364

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len haben sie in eines der beiden Löcher, durch die
der Nagel eingezogen wird, außen eine Versen-
kung einzuschneiden, ein Gewinde ist anzubrin-
gen, der Nagel aus einem Stück Draht einzuschrau-
ben, abzuschneiden und zu vernieten in der Ver-
senkung. Ein Kopf erhält eine Nute zum Nach-
schrauben, beide Köpfe werden sauber befeilt. Er
hat also eine ganze Reihe von Handgriffen auszu-
führen, und mancher dieser fleißigen Leute hat
sich Apparate ersonnen und gebaut, die ihn bei
der Ausführung seiner Arbeit unterstützen. Auch
hierzu gehört ein großes Feingefühl, damit die
fertige Schere sich tadellos schließen läßt, denn
sonst schneidet sie nie gut. Sie darf weder zu
lose, noch zu stramm gehen und darf auch nicht
hängen bleiben, hacken. Beim Federmesser ist es
ebenso, es muß sich gut öffnen lassen, weich im
Gang sein, sonst brechen die Fingernägel ab. So
etwas kann einem die Freude am besten und
scliönslen Messer verderben. Also auch bei der

HAUTSCHERE

Firma P. Schreiner-
Solingen

Schlußarbeit heißt es große Sorgfalt, damit nicht
die vielen vorhergehenden Mühen vergeblich ge-
wesen sind.

Von welchem Umfange und welcher Bedeutung
heute noch das Handwerk und die Handarbeit in
der Solinger Industrie ist, beleuchtet wohl auch
die Tatsache, daß ein fünfteiliges Taschenmesser,
wie es zu den gängigsten Sorten zählt, also kein
Ausnahmefall, mehr als hundertmal angefaßt
werden muß. Auch ein einlaches Küchenmesscr
von guter Beschaffenheit gehl etwa ein Dutzend
mal durch die Hand. Zu einer weiteren wichtigen
Tätigkeit gehört auch die Kontrolle sowohl der
Einzelleile wie der fertigen Slücke. Es ergibt sich
ohne weiteres aus dem Gang der Herstellung, daß
die Konirolle von Handwerkern ausgeübt wird, die

im Dienste ihrer Fabrikanten stehen. Äußerste
Gewissenhaftigkeit gehört zur Ausübung dieser
Tätigkeit.

Zu einem der neueren Artikel, die die Solinger
Industrie aufgenommen hat und in gewaltigen
Mengen herstellt, gehört die Haarschneidemaschine
mit ihren Abarten. Hier ist sozusagen alles ge-
normt, die Hauptsache Maschinenarbeit, dem
freien Willen des Handarbeiters nichts überlas-
sen. Und doch ist auch hier der Handwerker un-
entbehrlich. Die gegossenen Schenkel müssen von
Hand geschliffen und poliert werden. Die Fer-
tigmacher, Beider, sind gleichfalls Handarbeiter,
von deren Tätigkeil das richtige Arbeiten der Ma-
schinen abhängt. Allerdings findet man hier nicht
die Heimarbeit. Die großen Mengen werden in
den Fabriken, wo sie hergestellt werden, auch fer-
tiggemacht. Ebenso wird auch dort die Kon-
trolle ausgeübt.

Neben diesen Handwerkern sind in der Solinger
Industrie noch weitere zu finden, die sich mit
der Oberflächenbehandlung der Stahlwaren be-
fassen. Hierbei gibt es zwei Gesichtspunkte. Ein-
mal soll durch diese Behandlung ein Bostschutz
des leicht rostenden Stahles erzielt werden, zum
anderen soll durch die Behandlung eine Verzie-
rung hervorgebracht werden. Zu erstem Zwecke
benützt man die Vernichtung. Versilberung, Ver-
chromung oder Vergoldung. Diese Überzüge des
Stahles mit einem edleren, nicht rostenden Metall
werden auf galvanischem Wege erzeugt. Hier fin-
det sich eine größere Anzahl von selbständigen
Handwerkern, zum Teil mit recht ansehnlichen
und namhaften Werkstellen; sie sind in einer
Innung zusammengefaßt und völlig unabhängig
von den Fabrikanten. Allerdings haben auch die
größten unter diesen eigene Galvanisieranstalten,
deren Zahl aber gegenüber den reinen Galvani-
sierern bedeutend zurücksteht. Die in diesem
Handwerk beschäl (igten Arbeitskräfte bzw. Mei-
ster werden häufig als Vernickler oder Vergolder
bezeichne!, wodurch sich schon ihre Haupttätig-
keit ergibt.

Verwandt mit diesen, aber doch scharf zu Iren-
nen sind, die Damaszierer, deren Tätigkeit sich
mit der Ausschmückung der Stahlwarcn befaßt.
Sie werden gern mit den Galvanisierern verwech-
selt, weil sie teilweise auch von den galvanischen
Verfahren Gebrauch machen, daneben aber be-
nutzen sie chemische Verfahren und die Feuer-
behandlung des Stahles. Sie erzeugen sowohl reich
geschmückte Einzelstücke als auch versehen sie
Massenwaren mit den verschiedensten Beschriftun-
gen oder Ausschmückungen. Im ersten Falle ar-
beiten sie mit Pinsel und Lack oder mit einer
Radiernadel auf einer lackierten Fläche, die später
der Ätzung ausgesetzt wird. Handelt es sich um
Massenwaren, so wird ein Originalstich angefertigt.

o OD'

dessen Musler dann durch Druck- und Abzieh-
verfahren in beliebiger Menge vervielfältigt und
aufgebracht werden kann.

Wesentliche Bedeutung haben die Handwerker des
Graviergewerbes, die in der Hauptsache selbstän-

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