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Die Form: Zeitschrift für gestaltende Arbeit — 2.1927

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Riezler, Walter: Keramische Ausstellung in Berlin
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https://doi.org/10.11588/diglit.13210#0391

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stellt diese Vorliebe falsch, wenn man
glaubt, sie richte sich nur auf den rein sinn-
lichen, romantisch-malerischen Reiz des
Zufälligen: zum mindesten zugrunde liegt,
vielen gar nicht bewußt, ein neuerwachter
Sinn für das rein Naturhafte, der Glaube
an gestaltende Kraft außermenschlicher
Kräfte, die mehr zu bedeuten haben wie
der „Geschmack" oder auch das „Talent"
des einzelnen.

Es war ein sehr guter Gedanke, auf dieser
Ausstellung einmal die Schulen in den Vor-
dergrund zu stellen. Man weiß, wie sehr
dort seit einiger Zeit die Keramik gepflegt
wird, hat aber nur selten einmal Gelegen-
heit, die Arbeiten genauer zu verfolgen. Im
allgemeinen kann man sagen, daß das Sta-
dium der reinen „Lehrwerkstätte", in der
der Schüler sich mehr oder weniger not-
dürftig und nebenher einige Erfahrung in
der Behandlung und dem Brand des Mate-
rials verschaffen konnte, überwunden ist.
Fast alles Ausgestellte macht den Eindruck
einer richtigen und meistens auch gesunden
Produktion, und man sieht, daß offenbar
in der Werkstatt und nicht mehr in der
„Entwurfsklasse" jetzt das Schwergewicht
der Schulen liegt. Daß geschmacklich nicht
alles auf der Höhe ist, muß leider auch fest-
gestellt werden, und zwar ist es bezeichnen-
derweise wiederum vor allem der ornamen-
tale Teil, der im argen liegt: es wird einem
schwer genug, diesem matten und oft gänz-
lich überflüssigen Ornament gegenüber die
These jener grundsätzlichen Gegner des Or-
naments, die in ihm eine überwundene
Form sehen, noch ernstlich zu bekämpfen. Terrakotta

Und doch glauben wir, daß mehr der Mail- Städt. Handwerker- und Kunstgewerbeschule, Stettin

i ti m t n Olli- ■ i Leiter der Fachklasse Kurt Schwerdtfeger

gel an t reiheit, die allzu grobe Abhängigkeit
von den bisherigen Ornamentformen an

dem schlechten Eindruck schuld ist, — und senden Gefühl für die neue straffe und

geben noch gerne zu, daß es wahrscheinlich sparsame Formenwelt, wenn man auch

gescheiter ist, wenn man sich mit dem neuen manchmal einen etwas mißverstandenen

Ornament noch etwas geduldet und abwar- „Bauhausstil" mit einigem Nichlbehagen

tet, bis wieder einmal eine Zeit der seeli- feststellen muß. Nur weniges steht auf der

sehen Ruhe und des inneren Überflusses ge- Höhe der Hallenser Schule, deren große

kommen ist. Viel besser steht es um die Vitrine, voll von streng und dabei lebensvoll

Form und um die rein technische Seite. geformten, in Material und Brand schön

Was diese letztere anlangt, so hält man sich durchgeführten Töpfereien eine wahre

von wohlfeilen Spielereien mit dem Zufall Augenweide ist, und mit besonderer Freude

mehr als früher fern, und die Formen zeu- sieht man, daß auch an den reinen Fach-

gen — nicht überall, aber doch bei der schulen in Bunzlau und Landshut nicht nur

Mehrzahl der Schulen — von einem wach- technisch tüchtig, sondern auch künstle-

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