INNEN-DEKORATION
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und kunstgewerblich angewandter Erkenntniskritik
ist, und der in Wien fast überall, wohin er kommt,
beunruhigt. Manche Leute finden ihn wohl interes-
sant, trachten ihm aber dennoch schier ängstlich
auszuweichen, und die meisten, die er mit seinen
Bauten erschreckt und aus ihrem dumpfen Hin-
traupern'aufgestöbert hat, sehen ihn am liebsten
aus der Ferne, wie man eine gefährliche Seltsam-
keit zu sehen pflegt. Ein wahres Unkrautdickicht
von Vorurteilen hindert die Wiener, die leichtfertig
genug nach dem änßeren Anschein aburteilen, dem
wahren Wesen und der eigentlichen Schöpfung
Strnads nahe zu kommen. Man kennt nur die zuwei-
len harte und vielleicht auch bittere Schale seines
bisherigen Werkes, aber nicht dessen reifen und
köstlichen Kern. Möge diese Veröffentlichung,
die überraschende Einblicke in das schöne Innere
seiner von Außen asketisch anmutenden Haus-
bauten gewährt, dazu beitragen, einen jener sel-
tenen Männer kennen und würdigen zu lernen,
durch deren Tätigkeit die Zukunft aufgeschlossen,
und, soweit sie bereits erschlossen erscheint, in
künstlerischer Form bewältigt wird, arth.roessler.
BEGEGNUNGEN. Ein silberner Leuchter mit roter
Kerze über grüner Samtdecke: Erlesener Zusammen-
klang der Farben, der Stoffe, der Bedeutungen. Anders
wirkt diese Dreiheit im Schaufenster, anders im Wohn-
raum, wo die Beziehungen zum Raum, zum Menschen,
zu dem Ablauf des häuslichen Geschehens wie ein Kranz
von vollen Blüten diese drei glücklich Vereinigten um-
schwebt. Im Schaufenster dagegen tritt eigentlich nur
das formale Zusammengehen hervor, dies freilich allzu
deutlich und darum leertönend.
Ich liebe die Gruppen, die mehr sind, als bloß räum-
liche Kompositionen: Zusammenklänge von Stoff- und
artfremden Wesen, Begegnungen in einer anderen Sphäre
als denen der bekannten und benannten Künste. Rotes
Wachs, Silber, grüner Samt — geschmeidige Decken,
breites Stehn, aufsteigendes Leuchten: Diese Akkorde sind
nicht flächiger, nicht körperlicher, nicht struktiver Art. —
Sie gehören weder der Malerei, der Plastik noch der
Architektur an. — Sage mir einer, was für eine Kunst
solche Begegnungen schafft? Noch hat sie keinen Namen,
obwohl sie allüberall wirksam ist. Das Grab im Schatten
uralter Bäume — Jahrhunderte rauschen im Laub, vor
ihren Stürmen verbogen und verkrümmten sich die Aste,
fremd und düster mahnend steht der verwitterte Stein im
Grünen — Böcklin, fällt uns ein, hat solche Szenen gemalt,
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und kunstgewerblich angewandter Erkenntniskritik
ist, und der in Wien fast überall, wohin er kommt,
beunruhigt. Manche Leute finden ihn wohl interes-
sant, trachten ihm aber dennoch schier ängstlich
auszuweichen, und die meisten, die er mit seinen
Bauten erschreckt und aus ihrem dumpfen Hin-
traupern'aufgestöbert hat, sehen ihn am liebsten
aus der Ferne, wie man eine gefährliche Seltsam-
keit zu sehen pflegt. Ein wahres Unkrautdickicht
von Vorurteilen hindert die Wiener, die leichtfertig
genug nach dem änßeren Anschein aburteilen, dem
wahren Wesen und der eigentlichen Schöpfung
Strnads nahe zu kommen. Man kennt nur die zuwei-
len harte und vielleicht auch bittere Schale seines
bisherigen Werkes, aber nicht dessen reifen und
köstlichen Kern. Möge diese Veröffentlichung,
die überraschende Einblicke in das schöne Innere
seiner von Außen asketisch anmutenden Haus-
bauten gewährt, dazu beitragen, einen jener sel-
tenen Männer kennen und würdigen zu lernen,
durch deren Tätigkeit die Zukunft aufgeschlossen,
und, soweit sie bereits erschlossen erscheint, in
künstlerischer Form bewältigt wird, arth.roessler.
BEGEGNUNGEN. Ein silberner Leuchter mit roter
Kerze über grüner Samtdecke: Erlesener Zusammen-
klang der Farben, der Stoffe, der Bedeutungen. Anders
wirkt diese Dreiheit im Schaufenster, anders im Wohn-
raum, wo die Beziehungen zum Raum, zum Menschen,
zu dem Ablauf des häuslichen Geschehens wie ein Kranz
von vollen Blüten diese drei glücklich Vereinigten um-
schwebt. Im Schaufenster dagegen tritt eigentlich nur
das formale Zusammengehen hervor, dies freilich allzu
deutlich und darum leertönend.
Ich liebe die Gruppen, die mehr sind, als bloß räum-
liche Kompositionen: Zusammenklänge von Stoff- und
artfremden Wesen, Begegnungen in einer anderen Sphäre
als denen der bekannten und benannten Künste. Rotes
Wachs, Silber, grüner Samt — geschmeidige Decken,
breites Stehn, aufsteigendes Leuchten: Diese Akkorde sind
nicht flächiger, nicht körperlicher, nicht struktiver Art. —
Sie gehören weder der Malerei, der Plastik noch der
Architektur an. — Sage mir einer, was für eine Kunst
solche Begegnungen schafft? Noch hat sie keinen Namen,
obwohl sie allüberall wirksam ist. Das Grab im Schatten
uralter Bäume — Jahrhunderte rauschen im Laub, vor
ihren Stürmen verbogen und verkrümmten sich die Aste,
fremd und düster mahnend steht der verwitterte Stein im
Grünen — Böcklin, fällt uns ein, hat solche Szenen gemalt,