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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 29.1918

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Die Möbelnot und ihre Bekämpfung
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https://doi.org/10.11588/diglit.10022#0238

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222

INNEN-DEKORATION

AUS DEM THAULOW-MUSEUM—KIEL BAROCKZIMMER AUS TÖNNINGEN. UM 1680

DIE MÖBELNOT UNI

Die »Möbelnot« ist eine der Überraschungen, die der
Krieguns brachte. Zum Glück darf man sieebensowohl
als ein gutes, denn ein schlimmes Zeichen deuten, als ein
Zeichen des ungeschwächten Kulturwillens unseres Vol-
kes, ein Zeichen seiner Zuversicht auf den guten Aus-
gang des schweren Kampfes, den es seiner Erhaltung
wegen bestehen muß. Die Möbelnot betrifft nur zum Ge-
ringsten einen wirklichen Mangel an unentbehrlichem
Hausrat. Daran besitzt fast jede Familie im Uberfluß und
sicherlich weit mehr, als unsere Gegner aufweisen können.
Aber die derzeitige Unmöglichkeit, die kulturellen An-
sprüche in gewohnter Weise zu befriedigen, dem Sehnen
der Jugend nach dem behaglichen und reizvollen eigenen
Heim die erhoffte Erfüllung zu geben, wird drückend
empfunden und vielfach beklagt. Es wäre ungerecht und
kurzsichtig, diese Klagen zu mißachten. Was getan wer-
den kann, sie zu beheben, muß unverzüglich geschehen.
Unsere künstlerische Kultur und unsere hochentwickelte
kunstgewerbliche Industrie dürfen von engherzigen Ver-
fügungen und Beschränkungen nicht erdrückt werden.
Soweit es eben angängig ist, sollten den Betrieben die
erforderlichen Arbeitskräfte belassen werden; denn der
Vorsprung, den unsere Möbelindustrie dem Auslande ge-
genüber erreicht hatte, darf nicht gänzlich verloren gehen.

IHRE BEKÄMPFUNG

Allerdings wird die Erfüllung breiterer Wünsche erst in
besserer Zeit möglich sein. Sobald der Friede errungen
und die gewaltigen Kräfte, die jetzt der Verteidigung
dienen, wieder der gewohnten gewerblichen Tätigkeit
zugeführt sind, wird auch die Möbelnot in kuzer Frist
verscheucht sein. Damit ist um so gewisser zu rechnen,
als allerorts die Wichtigkeit der Aufgabe erkannt ist, und
alle Vorbereitungen zu ihrer Lösung getroffen sind. Staats-
und Gemeindeverwaltungen haben das Problem aufge-
nommen und zahlreiche Organisationen sind schon ge-
gründet, die das Ziel verfolgen, der Produktion die Wege
zu bereiten, und die Käufer vor Ubervorteilung zu be-
wahren. Angemessene Preise und einwandfreie künst-
lerische Formgebung bei werkgerechter, solider Aus-
führung sind die wichtigsten Programmpunkte. Zunächst
beschränkt sich die Tätigkeit der Organisationen auf die
Versorgung von Kriegsvermählten mit einfachem Haus-
rat. Tüchtige Künstler schufen ansprechende Entwürfe
und leistungsfähige Firmen verwirklichten sie in sauberer
und liebevoller Arbeit. Ausstellungen, die bereits in vielen
Städten veranstaltet wurden — in Berlin, Dresden, Darm-
stadt, Kaiserslautern, Saarbrücken — berechtigen zu der
Hoffnung, daß es auf diesem Wege auch gelingen wird,
der Kitsch- und Schundproduktion die Wurzeln zu be-
 
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