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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 29.1918

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Keller, Wilhelm: Das Museum "Au Pauvre Diable" zu Maubeuge
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https://doi.org/10.11588/diglit.10022#0066

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INNEN-DEKORATION

AUSSTELLUNG GERETTETER KUNSTWERKE

AUS ST. QUENTIN UND UMGEBUNG

DAS MUSEUM »AU PAUVRE DIABLE« ZU MAUBEUGE

Unsere Heeresverwaltung läßt es sich angelegen sein,
den Kunstbesitz aus dem durch das Feuer des Feindes
gefährdeten Gebiet der Westfront unter Aufsicht deut-
scher Kunstforscher nach sicheren Stellen weiter rück-
wärts zu überführen. Zu einem besonders umfassenden
Unternehmen der Erhaltung französischer Kulturwerte
kam es bei der Aufgabe des Vorlandes von St. Quentin
vor Einnahme der Siegfriedstellung. Die rücksichtslose
Beschießung St. Quentins durch Engländer und Franzosen
wurde vorausgesehen. Die Bergung der Kunstwerke unter
dem an dieser Stelle hiermit beauftragten Leutnant Frei-
herrn von Hadeln bezog sich daher nicht nur auf die
schon zur Zeit der Somme-Offensive nach St. Quentin
gebrachten Schätze aus Peronne und den benachbarten
Schlössern, sondern auch auf die Quentiner Sammlungen
selbst, sowie auf Privatbesitz vor, aus und hinter Quentin.

Wie berechtigt die vorsorgende Maßnahme der Heeres-
verwaltung gewesen war, bewies die sich im Anfang April
steigernde Beschießung. Am 3. April erhielt der Justiz-
palast die ersten Treffer. In seinem rechten Seitenflügel
hatte er die städtische Bibliothek und das städtische Ge-
mälde- und Kunstgewerbemuseum enthalten. Am 4. April
wurde das Lecuyer-Museum zum Ziel der Beschießung,
das Gebäude, in dem vorher die unschätzbare Sammlung
der La Tour-Pastelle untergebracht war. Selbst die ehr-
würdige Basilika blieb nicht verschont. Ihre wertvollen

Glasgemälde und die dort aufgestellten Bildwerke wurden
zum Teil noch während der Beschießung herausgenommen,
verpackt und nach Maubeuge überführt.

Für einen großen Teil der geborgenen Sachen hätte
das einfache Aufspeichern in Holzkisten ohne ständige
Aufsicht neue Gefahren gebracht. Die Erfahrung war
bereits in St. Quentin selbst an einigen La Tour-Pastellen
gemacht worden. Im August 1914 hatten die französischen
Verwalter die wertvolle Sammlung in Holzkisten im Keller
verstaut. Nach drei Monaten wurden die Sachen auf
deutsche Anordnung hin wieder in ihren alten Räumen
aufgehängt. Leider hatten schon in dieser kurzen Zeit
einige der Pastelle Verletzungen durch Schimmelbildung
erhalten, die wohl nie wieder ganz verschwinden werden.
Um dieser auch Ölbildern und Gobelins drohenden Gefahr
zu entgehen, wurden die gefährdeten Gegenstände aus
ihren Kisten und Verschlägen genommen und in lüftbaren,
stets beaufsichtigten Räumen untergebracht.

Ein verhältnismäßig nur kleiner Schritt weiter führte
dann dazu, diese nun doch einmal nötige Arbeit weiterhin
auszunutzen durch Verwandlung der Lagerräume im Kauf-
haus »au pauvre diable« in ein Museum. Erstlich kann in
diesen Räumen unseren in die Gegend zur Ruhe kommen-
den Truppen eine Stätte edler Ablenkung, Erfrischung und
Belehrung geboten werden. Auf der andern Seite wird
den von unseren Feinden an das Bergungsunternehmen ge-
 
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