Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 29.1918

DOI Artikel:
Corwegh, Robert: Von Neuen Werten
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.10022#0140

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
124

INNEN-DEKORATION

VON NEUEN WERTEN

Der Mangel an Rohstoffen jeder Art wird zum Um-
werter aller Werte. Wenn man früher einen Laden
betrat und kaufen wollte, dann setzte der Verkäufer seine
liebenswürdigste Miene auf und schleppte heran, was er
nur bieten konnte. Der Kunde wurde noch geschätzt.
Es war einmal. Wer heut kaufen will, fragt vorsichtig
und bescheiden an, die Händler dagegen sitzen wie Geiz-
hälse auf ihren Schätzen. Morgen kann ja die Ware aber-
mals im Preise gestiegen sein; daher nur keine Uber-
stürzung. Verkaufen kann man alles, kaufen wenig.

O, ihr armen Kriegsgetrauten, wollt ihr jetzt ein Heim
euch schaffen, wie schwer macht man es euch! Nicht
nur, daß euer Geld nichts wert ist, selbst für viel Geld
gibts nichts. Besonders Möbel und Einrichtungsgegen-
stände, das geringwertige Drum-und-Dran, was eine Woh-
nung erst wohnlich macht, ihr könnt es euch für die kurze
Zeit eures Zusammenseins nicht beschaffen, d. h. nicht
neu beschaffen. —

Da kommt wieder Urväter Hausrat zu Ehren. Auf
dem Boden stehen von den Großeltern her, Schränke,
Stühle, Bettladen, da liegen in alten Kisten Decken und

Kissen, sollten die Dinge, einst unnütz nur aufgehoben,
weil sie für den Trödler zu schade schienen, sich nicht
verwerten lassen? »Verwerten schon«, sagt die junge
Kriegsgetraute und zieht schmollend ihr Mündchen, »aber
wie wird das aussehen ? « Freilich schön sind diese Gegen-
stände meist nicht, die Großvaterzeit war nicht gerade
glücklich im Geschmack; allein seht euch einmal das
alte Sofa mit der geschwungenen Lehne und dem Samt-
polster an, ist es nicht verwendbar mit einigem Ver-
ständnis umgeändert? »Aber die schadhaften Stellen?«
Greifen wir einmal in diese Truhe. Richtig, da sind noch
Decken in Filetarbeit, Antimakassar nannte man sie; sie
schmückten das Sofa in Großmutters guter Stube. Ob
man sie nicht wie einst in blendender Weiße mit den ge-
bogenen Nadeln auf dem Samt befestigt? Altmodisch
sieht es zwar aus, aber hat es nicht Stil? Und hier das
gestickte Kissen. Perlstickerei. Zum Darauflegen für
ein Viertelstündchen eignet es sich nicht. Die Perlen
drücken Muster in die Backen, aber eine Decke gibts
noch her, und wie es zum Sofa stimmt. Schnell eine
Kante von schwarzer Seide um die Stickerei gesetzt, und
 
Annotationen