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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 29.1918

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Haeuselmann, Johann Friedrich: Vom zukünftigen Heim des kleinen Mannes
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https://doi.org/10.11588/diglit.10022#0148

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132

INNEN-DEKORATION

VOM ZUKUNFTIGEN HEIM DES KLEINEN MANNES

Wie bekannt ist, machte sich schon bald nach Kriegs-
ausbruch das Bestreben geltend, den heimkehrenden
Kriegern und ihren Familien ein besseres häusliches Los
zu bereiten, als sie es früher in den großen Städten viel-
fach hatten. Dieses Vorgehen war gelegentlich in etwas
sehr weitgehende wirtschaftliche Forderungen gekleidet
und so kam es, daß lange Zeit mit dem Streit um Grund-
sätze verloren ging. So sind von den vielen Kriegerheim-
stätten heute noch sehr wenige ausgeführt und man kann
sagen, daß sich das Wasser erst heute so gewaschen
hat, daß an ein mehrfaches Verwirklichen der an sich
schönen Gedanken gegangen werden kann. —

In diesem Augenblick aber galt es auch der inneren
Einrichtung dieser Heimstätten zu gedenken und mit einem
Ruck fühlen wir uns bereits mitten in Bestrebungen hinein
versetzt, dem zukünftigen »Heim des kleinen Mannes«,
wie wir es nennen wollen, zu der würdigen Ausstattung
zu verhelfen. Und sintemalen diese kleine Männer nicht
nur Heimstätten als Einzelhäuser haben werden, sondern
viele wohl noch in die Miethäuser werden zurückkehren
müssen, so soll es doch allen denen, die sich neu ein-
richten müssen, möglich gemacht werden, dieses auf gute
und billige Weise zu tun. Mit einem frischen Zupacken,
das sich von der Einleitung der Kriegerheimstätten-Be-
wegung sehr unterscheidet, sind denn nun schon allerorten
Vereine zum Beschaffen guter Wohnungseinrichtungen

für Kriegsteilnehmer gegründet worden. Dabei sind die
Schwierigkeiten durchaus nicht etwa geringer, als auf
dem Gebiete des Heimstättewesens selbst. Sind sie aber
dort mehr wirtschaftlicher Art, so sind es hier mehr künst-
lerische Gesichtspunkte, die sich der Ausführung hemmend
in den Weg setzen und sicherlich noch setzen werden.

Man wird es verstehen, daß solche Bestrebungen,
sollen sie eine Kulturbestimmung erfüllen, künstlerisch
nicht auf herkömmlichen Bahnen gehen können. Einmal
handelt es sich darum, vom Möbel des kleinen Mannes
noch sehr zahlreiche zierende Zutaten, Gesimse, Träger
usw., als überflüssig zu entfernen, zum zweiten müssen
wir das Furniermöbel als überwunden halten können und
zum dritten muß das starre System der bisherigen Zim-
mergarnitur fallen. Die Zimmergarnitur hat einen Sinn
beim größeren Zimmer; beim kleinen Zimmer, wo sich
die Möbel nach Zahl und Art gleichsehen, ist sie künst-
lerisch wesenlos und beschwert obendrein den kleinen
Mann noch wirtschaftlich, da er gezwungen ist, die ganze
Garnitur zu kaufen, obschon er vielleicht das eine oder
andere Stück nicht unbedingt nötig haben würde. Das
Furniermöbel wiederum ist ein Geisteskind des 19. Jahr-
hunderts. Es sollte damit ein Hartholzmöbel vorgetäuscht
werden. Heute verträgt sich dieser Schein mit unserem
Suchen nach dem Reinen und Wahren nicht mehr und
der scheinbare praktische Vorteil des Furniermöbels
 
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