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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 29.1918

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Gleichen-Rußwurm, Alexander von: Der Salon
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https://doi.org/10.11588/diglit.10022#0358

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342

INNEN-DEKORATION

DER SALON

EIN BEITRAG ZUR ÄSTHETIK DES HAUSES

Was ist ein Salon, welchen Zweck erfüllt er im Wohn-
haus des modernen Menschen und wie soll er in-
folge dessen eingerichtet sein? Auf diese drei Fragen
sei in kurzer Betrachtung eine Antwort zu geben versucht.

Um die erste Frage befriedigend zu lösen, scheint es
mir am besten vom figürlichen Sinn des Wortes auszu-
gehen. Unter dem Salon einer Dame versteht man den
Kreis von Menschen, der sich regelmäßig in ihren Emp-
fangsräumen versammelt und dadurch eine gesellschaft-
liche Einheit bildet, einen Ausschnitt der vornehmen Welt
in einem bestimmten Rahmen. Für uns kommt es hier we-
niger auf die Leute als auf den Rahmen an, obwohl sie un-
zertrennlich zusammengehören und zueinander passen müs-
sen. Sonst ist die Sache verfehlt und wirkt geschmacklos.

Im Salon tritt also das Haus mit der Welt in Ver-
bindung, gastlich öffnen sich seine Pforten, Freunde, Ge-
sinnungsgenossen, Fremde der eigenen Gesellschaftsklasse
zu empfangen. Er ist der Empfangsraum und muß dem-
entsprechend ausgestattet werden. Anders zu feierlichem,
offiziösem Empfang, anders zu freundschaftlichem Plau-
dern, anders auf dem Land, wo sich die »house party«
versammelt, anders im Stadthaus, wo abends oder nach-
mittags ein kleiner Teetisch für die Besucher der Emp-
fangsstunde hereingetragen wird. Und ganz einerlei, in
welchem Stil er prangen soll, die persönliche Note des
Hauses, besonders der Dame des Hauses muß gewahrt
bleiben, damit keine »kalte Pracht«, keine tote »gute
Stube« entsteht. Um gemütlich zu wirken, muß der Salon
bewohnt sein, wirklich bewohnt, mit Ausnahme jener
großen feierlichen Säle in Schlössern und Palästen, Bot-
schaften oder Ministerien, wo ein streng durchgeführter

Stil die wenigen Möbel und Bilder auszuzeichnen hat. Hier
herrscht eine Kühle, die das Privathaus am besten meidet.

Den Eindruck des Bewohnten kann man nicht vor-
täuschen, die Zimmer sind aufrichtig und lügen nur für
kurze Augenblicke dem Beobachter etwas vor. Deshalb
soll sich niemand scheuen, auch den Salon nach seinem
persönlichen Geschmack auszugestalten, damit sich der
Besitzer oder vielmehr die Besitzerin darin behaglich
fühlen und etwas von ihrer Behaglichkeit auf die Gäste
ausstrahlen können.

Von den Dingen abgesehen, die nur Schmuck sind,
wie Bilder, Statuen und kleinere Ziergegenstände, muß
alles zweckdienlich sein und am richtigen Platz stehen.
Der Zweck ist empfangen, plaudern, vielleicht Tee trinken,
auch zuhören, wenn der Salon unter Umständen zugleich
als Musikzimmer dient. Da müssen die Sitzgelegenheiten
bequem sein, so daß man darin ausruht ohne zu ruhen,
kleine Tische nehmen die Tasse, den Aschenbecher, die
Schwefelhölzer auf, alles so geschickt bereitgestellt, daß
niemand sich verrenken muß, das Erwünschte zu greifen,
aber doch so beweglich in der Gruppe, daß Aufstehn und
Platzwechseln nicht stören und das Aufstehen eines Gastes
keinen Aufbruch hervorruft. Nichts darf steif oder ge-
wollt sein, nirgends der Eindruck entstehen, als sei man
da, wo man sitzt, in eine Falle geraten und könne nicht
mehr heraus.

Feste Regeln lassen sich natürlich nicht geben, meist
gebietet der Raum eine gewisse klassische Anordnung
der größeren Möbel, wie aber meine hingeworfenen Be-
merkungen gemeint sind, geht am klarsten aus der Ent-
stehungsgeschichte des Salons im heutigen Sinne hervor,
 
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