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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 29.1918

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Jaumann, Anton: Die Silberfiguren
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https://doi.org/10.11588/diglit.10022#0136

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120

INN EN-DEKORATION

LOTTE PRITZEL —MÜNCHEN

»DETAIL EINER VITRINENFIGUR«

DIE SILBERFIGUREN

EIN GESPRACH

Der Architekt: Und was sagen Sie, Herr Professor,
zu den getriebenen Silberfiguren, die mein Freund
ausgestellt hat? Es sind ja nur Wiederholungen nach den
Originalen, die in meinem neuen Kino die Bübne rahmen.
An ihrem Bestimmungsort wirken sie ja wohl stärker.

Der Bildhauer: Ihr Freund ist sicher ein großes
Talent. Aber die Figuren gefallen mir nicht recht. Sie
sind doch —- wie soll ich sagen — zu maniriert.

Der Architekt: Aber, Herr Professor, Sie müssen
bedenken, die Verwendung der Plastik als Architektur-
glied verlangt doch oft eine sehr starke Stilisierung!

Der Bildhauer: Gewiß, aber plastisches Bildwerk
muß sie bleiben. Ich verstehe nicht, wie ein Bildhauer
sich so sehr dem Ornamentalen und Dekorativen hin-
geben kann. Die Plastik ist und bleibt eine selbständige
Kunst, die ihre eigenen Gesetze und ihre eigene Verant-
wortung hat. Sie begibt sich ihrer Würde, wenn sie sich
der Architektur als Magd anbietet.

Der Architekt: Herr Professor haben doch selbst
gerade genug für Architektur gearbeitet!

Der Bildhauer: Aber ich hätte mich nie dazu her-
gegeben, dem Architekten meine Art, meinen Stil, meine
Entwicklungslinie zu opfern. Wenn der Architekt meine
Arbeiten nicht so hinnimmt, wie sie sind, so verzichte
ich lieber.

Der Architekt: Und ich verstehe nicht, wie auf
diesem Wege ein einheitliches neues Gesamtkunstwerk aus
Architektur und Plastik zustande kommen soll. Ich habe
mit dem Bildhauer (wie auch mit dem Maler und den an-
dern Helfern) zusammen etwas stilistisch Neues schaffen
wollen. Etwas von gleicher Formenleidenschaft, wie etwa
birmanische Tempel zeigen oder ungarische Holzschnitze-
reien. Daher wohl die sogenannte »Manier«, die Sie stört.

Der Bildhauer: Aber wie kann man solche Volks-
arbeiten oder barbarischen Ungetüme unserer freien Kunst
als Vorbild hinstellen! Sie haben doch höchstens nur
einen gewissen kunstgewerblichen Wert. Solche Moden
verderben den Künstler, er wird seiner wahren Künstler-
schaft untreu.

Der Architekt: Dann schätzen Sie gewiß die mo-
numentale Wucht der Assyrer auch nicht als große Kunst?
Ist das auch nur Kunstgewerbe?

Der Bildhauer: Aber ich bitte Sie, meine Arbeiten
sagen doch wohl deutlich genug, daß ich nicht auf aka-
demischen Idealismus eingeschworen bin. Ich gestehe
offen, auch die Überschätzung der Griechen habe ich seit
geraumer Zeit überwunden. Aber wenn mir die ägyp-
tischen Statuen wahrhaft groß und monumental erscheinen,
deshalb brauche ich doch meine Arbeiten nicht ägyptisch
zu frisieren. Sie sollen meinen Stil tragen.

Der Architekt: Und was Sie vor den Ägyptern
erlebten, das bedeuten uns und vielen Architekten rus-
sische Schnitzereien, ungarische Blechtreibarbeiten, as-
syrische Grabmäler, indische Tempelfassaden. Hier finden
wir viel stärkere, »modernere« Formen, als in der Plastik
unserer Sezessionen. Wir werden unserer Künstlerschaft
nicht untreu, im Gegenteil, wir folgen einem bisher un-
bewußten modernen Empfinden, wenn wir hier neue Aus-
gangspunkte suchen.

Der Bildhauer: Das kann aber niemals modern
empfunden sein, was birmanisch oder assyrisch aussieht.
Modern daran, aber in schlechtem Sinne, ist nur die Nach-
giebigkeit an eine Mode.

Der Architekt: Sie verkennen, Herr Professor, die
Echtheit und Ehrlichkeit unserer Arbeit. Wir wollen ein
Neues, voller Stärke, Leidenschaft, Erregung. In den
 
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