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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 29.1918

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Kraft, Leonhard: Turnhalle der technischen Hochschule - Aachen
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https://doi.org/10.11588/diglit.10022#0165

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INNEN-DEKORATION

149

ENTWURF: ARCHITEKT PROF. CARL SIEBEN

TURNHALLE DER TECHN. HOCHSCHULE —AACHEN

TURNHALLE DER TECHNISCHEN HOCHSCHULE-AACHEN

Es ist eine seltsame Erscheinung im Verlaufe des vorigen
Jahrhunderts, daß die Pflege körperlicher Kräftigung
der deutschen Jugend und des Mannesalters fast gleich-
mäßig mit einem zunehmenden Erschlaffen des bildneri-
schen Schaffens Zug um Zug in den ersten Jahrzehnten
dieses Zeitraumes abnimmt. Als die Hemmungen, welche
politischer und wirtschaftlicher Druck verursachte, in der
zweiten Hälfte des Jahrhunderts langsam wichen, flammte
auch die alte Liebe des Volkes zu Spiel und Sport, zum
fröhlichen Turnen und Wandern, wieder kräftiger empor
und griff, neuen Zielen zustrebend, gewaltig um sich, wäh-
rend die bildenden Künste noch ganz im Banne eines schwa-
chen Eklektizismus lagen. Fast scheint es, als ob nach
dem alten Satze »Mens sana in corpore sano« erst ein
gesunder Körper erarbeitet werden sollte, in dem ein auch
zu neuem künstlerischem Ringen strebender Geist wohnen
konnte. Ganz unwillkürlich steigt bei solchen Gedanken-
gängen das alte Hellas mit seiner innigen Verbindung von
Kunst und Leibesspiel vor dem Auge auf. Um so sonder-
barer berührt es, daß gerade jene Zeit, welche auf deut-
schem Boden soviel schwärmerische Hingabe an den Geist
der Antike zeigt, dem Kerne ihres Wesens doch so wenig
nahe kam. Wie in grellem Schlaglichte zeigte sich das
gerade im Verhalten der hohen Schulen den Leibes-
übungen gegenüber, das Band, das einstens Musen und
Spiel einte, schien zerrissen zu sein. Bezeichnend genug
ist dann, daß jene Zeit des ausgehenden neunzehnten Jahr-
hunderts, in welcher sich die bildenden Künste von den

lähmenden Banden eines rein verstandesmäßig erklügelten
künstlerischen Glaubensbekenntnisses frei machten, auch
dem akademischen Turnen und Spielen wieder sein Recht
gab. Als vollberechtigtes Glied im Leben der hohen
Schulen ward ihm wohl rein äußerlich die Aufgabe, einem
zunehmenden Genußleben und der Naturentfremdung den
Gegenpart zu halten. Aber darüber hinaus winkt das
höhere Ziel der Bewahrung oder, wie die Dinge noch
liegen, der Befreiung des Lebens von der alleinigen Herr-
schaft des Intellekts, unter welcher in den deutschen Lan-
den einst Volk und Kunst auseinandergerissen wurden.

Es kann bei diesem Entwickelungsgange nicht Wunder
nehmen, wenn die Stätten turnerischer und sportlicher
Betätigung im allgemeinen, und der studierenden Jugend
erst recht, sich bis in die jüngste Zeit hinein in nur dem
praktischen Bedürfnisse genügenden Räumen bargen. Gün-
stigsten Falles regte sich hie und da ein darüber hinaus-
gehendes Schmuckbedürfnis. Selten aber führte beides
vereint zu einer künstlerischen Ausprägung des Zweck-
gedankens. Lange brauchte es, bis dieser Gedanke über-
haupt, als auch für die Turn- und Spielplätze geltend,
empfunden ward, bis nur ein Gefühl dafür lebendig wurde,
von welcher entsetzlichen Geschmacksverrohung diese
Stätten durchzogen oder umgeben waren. Soll das in
ganzer Tiefe empfunden werden, so braucht man nur den
Gedanken an die sogar oft in engster Verbindung mit den
Kultstätten wirklich gestalteten Anlagen für die Pflege
der Leibesübungen in der antiken Welt lebendig werden
 
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