Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 33.1922

DOI article:
Jaumann, Anton: Entwerfer und Berater, [2]
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.10456#0229

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
INNEN-DEKORATION

217

LOTHAR WE1NZHE1MER—GR.-KÖN1GSDORF SCHLAFZIMMER EINER JUNGEN DAME

ENTWERFER UND BERATER

n.

Auch die in der Werkstatt oder in enger Fühlung
i. mit der Werkstatt entstandenen Entwürfe können
noch mangelhaft, ja prinzipiell verfehlt sein. Das Kleid
der Dame muß zur Dame passen und in die Atmosphäre
des Salons; erfüllt es diese Eigenschaften nicht, dann
bleibt es unbrauchbar, mag es auch noch so schneider-
gerecht hergestellt sein. Der Stuhl muß vor allem
bequem sein und zur Stimmung des Raumes passen,
die technische Qualität wird stillschweigend vorausge-
setzt, sie darf sich nicht vordrängen, sie ist kein Vorzug,
wenn sie der einzige Vorzug des Stuhles ist. Die An-
passung an die Stimmung des Raumes, an den gesell-
schaftlichen Ton müßte nun aber dem Künstler viel näher
liegen als dem Handwerker, er würde geradezu die Not-
wendigkeit des Zeichners unabweislich rechtfertigen,
wenn er dieser Aufgabe, die Gegenstände dem Gebrauch
anzupassen, sie aus dem Zweck, aus der Stimmung des
Gebrauchs heraus zu bilden, voll nachkäme. Keine Frage,
daß hier eine Unterlassungssünde vorliegt. Unsere Zeich-

ner versagen in dieser Hinsicht, wenn sie ihre Formen
aus den Gärten der Malerei, der Graphik usw. beziehen,
nicht aus den Anregungen des Salons. Selbst die Archi-
tekten haben viel zu sehr ihre Atelierkunst gezüchtet, ob-
wohl ihnen die Sorge für das »Leben im Raum« und
mit den Dingen doch am nächsten hätte liegen müssen.
Hier ist also noch allerhand gut zu machen. Wohl kann
der Zeichner seine formale Vorbildung auch bei diesem
Vorgehen ausmünzen, aber er muß in der Wohnung,
in der Gesellschaf t seine »trainierte Phantasie« die
Formen der Möbel während des Gebrauchs um-
spielen lassen; er wird die Form der Teekanne überprüfen,
während sie von schöner Hand getragen wird, ähnlich wird
er die »Situationen« des Leuchters überdenken; die Ge-
stalt der Frau wird ihm die Anregung geben zu Schmuck-
Entwürfen. Wer ein Kissen zu entwerfen hat, wird das
Sofa studieren und den Raum und die Gesellschaft, für die
das Kissen bestimmt ist. Es hat keinen Sinn, in irgend
einem Dorf Spitzen über Spitzen zu entwerfen, die keine

1922. VI. 3
 
Annotationen