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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 33.1922

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Strnad, Oskar: Neue Wege in der Wohnraum-Enrichtung
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https://doi.org/10.11588/diglit.10456#0335

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XXXlll. JAHRGANG.

DARMSTADT.

OKTOBER 1922.

NEUE WEGE IN DER WOHNRAUM-EINRICHTUNG

VON PROFESSOR DR. OSKAR STRNAD—WIEN.

Zu einigen meiner Arbeiten wünschen Sie ein
paar Begleitworte. Das wird mir schwerer,
als Sie denken. Je älter ich werde, um so weniger
kenne ich Probleme. Das Arbeiten ist mir innere
Forderung, Freude, Leidenschaft. Das natürliche
Resultat dieser Leidenschaft ist die Form. (Meine
Sehnsucht freilich ist: »formlos zu formen«. Viel-
leicht schreibe ich Ihnen einmal darüber.) Ich kann
also kaum etwas zu meinen Arbeiten sagen. Wenn
ich nun doch versuche, ein paar Empfindungen nie-
derzuschreiben, die ich beim Entwerfen von Möbeln
und Wohnräumen habe, so tue ich das, weil ich
glaube, daß Möbel und Wohnung weniger eine
künstlerische Angelegenheit als vielmehr eine
Sache des »kulturellen Anstandes« sind, — wie üb-
rigens auch das Bauen von Wohnhäusern! . . Da-
rüber etwas zu sagen, scheint mir aber möglich . .
Zunächst: Die Begriffe Raum und Möbel klar
auseinanderhalten! Raum ist Schicksal. Sich vom
Schicksal befreien ist »Weg bauen, Raum begren-
zen«. Also nicht Wand sondern Weg, Fußboden
erleben. Den Fußboden frei und klar halten.
Die Grenzlinien des Fußbodens sichtbar lassen.
(Die Sessel-Leiste gehört zum Boden, nicht zur
Wand.) Die Ecken (Raumgelenke) klarlegen. Nichts

in die Ecken stellen. Den Fußboden durchbilden,
sein Körperliches fühlen lassen. (Man sieht nicht
nur Raum, man empfindet ihn mit dem ganzen
Körper, man hört und riecht ihn). Ihn reich machen:
gliedern. Blumentöpfe aufstellen. Unmittelbar am
Boden. Oder Teppiche auflegen; nicht spannen!
Mehrere, nicht einen. Sie leben selbständig im
Raum. Nicht Velourteppiche, die bedeuten nichts.
Nicht Industrie-Arbeit, nur handgeknüpfte, traum-
haft entstandene, selbständigeWesen.. Die Wände
weit machen. Nicht Kerker bauen, sondern offene
Welten. Nicht Sklave der Umwelt werden. Nicht
mit der Wand begrenzen wollen. Der Fußboden
ist Grenze! Die Wand transparent, körperlos
empfinden. Sie nicht gliedern wollen, nicht rahmen.
Die Patrone, die Tapete, engt ein und kreist durch
den Rapport; zwingt und gibt Körper. Die Wand
weiß machen: Das macht weit und körperlos. Oder
die Wand verkleiden, d. h. wirklich ver-kleiden.
Dieses Kleid ist Vorgehängtes und Vorgestelltes,
Selbständiges, nicht zum Raum Gehöriges, ist
Möbel, »Mobiles«: dieses also als selbständigen
»Körper« durchbilden. (Gesimse, Rahmungen und
Gliederungen). Ihre Oberfläche — im Gegensatz
zur transparenten Wand als »Fühlbares« erleben.

192S. x. 1.
 
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