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Jahrbuch für Photographie und Reproduktionstechnik — 10.1896

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Wiener, Otto: Farbenphotographie durch Körperfarben und mechanische Farbenanpassung in der Naturh
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https://doi.org/10.11588/diglit.50999#0070

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56 Farbenphotographie durch Körperfarben etc.
Schultz-Sellack1) Einwände erhoben worden, welche noch
nicht entkräftet waren. Aus diesem Grunde und weil mir die
Möglichkeit der Herstellung durchsichtiger dicker photographi-
scher Schichten unbekannt war, glaubte ich die Lösung der
Frage ferner liegend. Diese Schwierigkeit überwandt aber bald
nachher Lippmann2) und gelangte zu einem Verfahren der
Farbenphotographie durch absichtliche Hervorrufung stehender
Lichtwellen, also durch Anwendung der Zenker’sehen Theorie.
Ob diese Theorie aber auch die alten Verfahren erklärte,
war damit noch nicht bewiesen; und so fanden meine Ge-
danken in dieser Richtung keinen festen Ruhepunkt. Ich ent-
schloss mich daher, durch neue Versuche die Ursache der
Farbenwiedergabe bei jenen alten Verfahren zu ermitteln. Sie
bilden den Ausgangspunkt und einen wesentlichen Gegenstand
der folgenden Mittheilung.
Jene Einwände von Schultz-Sellack sind keineswegs
ohne weiteres zu verwerfen. Er bestritt das Zustandekommen
regelmässiger stehender Lichtwellen in Pulvern. Pulver hatten
in der That zur Farbenabbildung gedient, und zwar schon in
dem ersten gefundenen Verfahren von Seebeck, dessen Beob-
achtungen im Jahre 1810 in Goethe’s Farbenlehre3) ver-
öffentlicht wurden. Seebeck benutzte feuchtes, am Licht
grau gewordenes Chlorsilber, das er auf Papier strich.
Schultz-Sellack’s Einwand bezieht sich in erhöhtem
Masse auf die Verfahren, bei denen Papier der Träger der
lichtempfindlichen Stoffe ist. indem es dazu in verschiedenen
Lösungen gebadet wird, z. B. bei Poitevin’s Verfahren.
Keine Geltung hat er natürlich bei solchen, die eine
gleichförmige durchsichtige Schicht eines lichtempfindlichen
Stoffes mit gut spiegelnder Unterlage benutzen, wie das Ver-
fahren von Becquerel, der blanke Silberplatten durch Elektro-
lyse bis zu einer bestimmten Tiefe chlorirte.
Ein zweiter Einwand von Schultz-Sellack gründet sich
auf die Möglichkeit der Entstehung von Farben durch eine
mechanische Zertheilung der Schicht, welche durch die Be-
lichtung hervorgerufen werden kann und deren Grad nicht
durch die Farbe, sondern durch die Wirkungsstärke des auf-
fallenden Lichtes bestimmt wird. Die Farbenwiedergabe wäre

1) S chultz-S ollack, „Ueber die Färbung der trüben Medien und
die sogen, farbige Photographie.“ Pogg. Ann. 143, S 449. 1871.
2) Lippmann, Compt. rend. 112, S. 274. 1891.
3) Goethe, Farbenlehre 2, S. 716. Den dort mitgetheilten Aufsatz
von Soebeck fand ich in keiner Ausgabe der gesammelten Werke
Goethe’s, die ich nachschlug, abgedruckt.
 
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