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Jahrbuch für Photographie und Reproduktionstechnik — 19.1905

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Elschnig, A.: Ueber monokulare Stereoskopie und direkte stereoskopische Projektion
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https://doi.org/10.11588/diglit.41328#0119

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Ueber monokulare Stereoskopie u. s. w. I07
andere. Meines Erachtens ist wohl die Erklärung von Straub
die richtige.
Es ist selbstverständlich, daß durch Anwendung einer
zur Projektion kinematographischer Aufnahmen geeigneten
Vorrichtung die Straubschen oder Br o wuschen Bilder auch
mit dem Skioptikon projiziert und dadurch von einem großen
Auditorium gleichzeitig gesehen werden können. Damit
wäre also eine neue Lösung der Frage der stereoskopischen
Projektion, die erst vor kurzem durch die Petzoldschen
farbigen Stereogramme eine vorläufige Lösung erfahren hatte,
angebahnt. Aber es muß mit Bedauern konstatiert werden,
daß dem leider nicht so ist. Das monokulare stereoskopische
Sehen mit dem Straubschen Stroboskope ist ebenso wenig
ein wirkliches Körperlichsehen, wie die scheinbare
Plastik, welche eine Photographie bei Betrachtung mit einer
Konvexlinse oder Veranten, oder die Betrachtung zweier
identischer Photogramme im Stereoskope mit beiden Augen,
oder überhaupt einer perspektivischen Zeichnung, einer gut
schattierten Photographie u. s. f. darbietet Ich kenne aus
eigener Anschauung nur die Straubschen Bilder, glaube
aber, das aus der Betrachtung derselben gewonnene Resultat
auch auf die Brownschen Bilder übertragen zu dürfen.
Straubs Bilder machen ja in der Tat, besonders bei gewisser
Drehungsgeschwindigkeit des Stroboskopes, den Eindruck,
als ob ein Körper sich vor dem Auge drehen würde. Daß
es aber nur eine eben durch die vorgetäuschte Parallaxe vor-
getäuschte Empfindung ist, kein Ersatz des wirklichen
körperlichen Sehens, also kein wirklich monokulares stereo-
skopisches Sehen, erkennt man sofort daraus, daß in jedem
Moment willkürlich, sehr oft, ja mitten in der besten schein-
baren körperlichen Wahrnehmung spontan mit zwingender
Deutlichkeit die Stereoskopie sich umkehrt: Wenn wir z. B.
eben einen Kegelstumpf zu sehen glaubten, erscheint uns
derselbe urplötzlich als Hohlkegel, wie ein abgestumpfter
Trichter. Da bei wirklich körperlichem Sehen immer nur
eine einzige Deutung des Gesehenen möglich ist und diese
absolut konstante zwingende Auslegung der zweiäugigen
Gesichtswahrnehmung gerade für das Körperlichsehen charakte-
ristisch ist, so ergibt diese Beobachtung die Wahrheit des
altbekannten Satzes: Körperlichsehen ist nur durch
die gleichzeitige Verwertung zwreier disparater
(von seitlich distanten Punkten aus gesehener, resp. photo-
graphierter oder gezeichneter) Gesich ts wahrnehmu n gen,
also nur beim Sehen mit beiden Augen in derNatur
oder in einem entsprechenden Apparate (Stereoskope)
 
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