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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 13.1897-1898

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Mendelsohn, Henriette: Die skandinavische Ausstellung in Stockholm, ein Rückblick
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https://doi.org/10.11588/diglit.12047#0051

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Die skandinavische Ausstellung in Stockholm, ein Rückblick.

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Farbenharmonien holländischer Motive den poetischen
Beleg, daß künstlerische Uebersetzung der künstlerischen
Abschrift der Natur gleichberechtigt zur Seite steht.

Besonders glanzvoll, ja förmlich berauschend in ihrer
Farbenpracht wirkt die schwedische Landschaftsmalerei in
ihrer Gesamtheit. Man schwelgt hier in den gefälligsten
koloristischen Stimmungen. Der Künstler versteht das
Geheimnis, die intensivsten leuchtendsten Farbengegensätze
zu feinster Harmonie zu vereinigen — er wirkt wie
bunt. Die Kunstgeschichte hat schon längst die Namen
der Gegerfelt, Eckström, Nordström, Kreuzer, Prinz
Eugen rc. in ihren Annalen verzeichnet. Aber auch
Werke, die in dieser überreichen Nachbarschaft von Meister-
stücken sich unbedeutend ausnehmen, würden in jeder
andern nationalen Ausstellung zu den Perlen gehören.
Nordström ist vielleicht der stärkste persönliche Aus-
druck für die Lyrik der schwedischen Landschaftsmalerei,
Eckström die höchste Potenz stimmungsvollen objektiven
Naturempfindens. — Jansson giebt eine Anzahl blauer
und violetter Farbenharmonien. Kreuger liebt die Land-
schaft mit meisterhaften Tierfiguren zu beleben. Fahl-
krantz giebt in seiner „Mondnacht" und Lindman
in seiner blauen „Nacht am Hafen" Werke, die man
zu den ersten rechnen muß, wo Vollendetes den Durch-
schnitt bildet.

Während in Schweden das Nacht- und Abend-
stimmungsbild überwiegt, tritt in Norwegen und Finn-
land die Schneelandschaft und das Meer als Element
in den Vordergrund.

Wentzel, Jorde, Gloernsen führen uns vor-
trefflich in den nordischen Winter ein. Sinding sagt
in ein paar Meeresausschnitten das letzte Wort über


Kolorismus. Gude kann in einem älteren Seebild mit
Fischerfiguren den neueren noch immer zum Muster dienen,
Holmboe schildert vorzüglich das bewegte Meer, wie
auch in einem anderen prächtigen Stück abendliche Stille.

Flüssigkeit und pulsierendes Leben dieses Elementes
darzustellen, gelingt vor allen den Finnen Torpelius
und Lindman. Unter so viel Landschaften einer den
Preis zu erteilen, ist unmöglich. Tritt doch Thaulow
mit einer Reihe aristokratischer Landschaften und Johannes
Müller mit vortrefflichen Abendstimmungen noch in die
Konkurrenz. Und doch — der letzte, wärmste Scheide-
gruß ruht auf der Landschaft von Werenskiold.

Wenn man Dänemarks Säle durchwandert, so stehen
dieselben landschaftlich hinter dem Figurenbild an all-
gemeiner Bedeutung zurück. Dem Dänen liegt vor allem
das psychologische Gebiet. Nichtsdestoweniger fallen auch
bei einem flüchtigen Durchschreiten Landschaften aus, die
zu den besten der internationalen Kunst zählen. So vor
allen Mols große Landschaft mit den eingeregneten Kühen,
so ein Paar Marinen von Locher. Paulsen, der in-
time Schilderer der Mondbeleuchtung, ist durch eine ganze
Reihe köstlicher Werke vertreten. Johannsens stim-
mungsvolle Abendlandschaft zeigt, daß sein Ruhm als
Landschaftsmaler dem als Figurenmaler nichts nachgiebt.
In der Secession bildet eine ganze Reihenfolge auserlesener
Landschaftsbilder von Philippsen das Entzücken des
Beschauers, nächst ihm muß Niels Kristian Skovgaard
mit Motiven aus Halland als vortrefflich erwähnt werden.

Der Zug zur physiologischen Erfahrung der Indivi-
dualität hat bei den Dänen das Porträt zur höchsten
Lebendigkeit gesteigert. Es ist die sprudelnde, persönliche
Lebensfülle, die in den Porträts eines Kröyer (Porträt
von Schandorph, von Holger-Drachmann, Zeichnung von
Schandorph und seiner Frau) und in den Bildnissen von
Bertha Wegmann ihren seelenvollen Ausdruck findet.

Auf der norwegischen Ausstellung wirkt machtvoll
Arne Garborg von Petersen auf uns ein; in seiner
plastischen, frappierenden Wirkung ist es nur in der inter-
nationalen Abteilung mit Herkomers Archibald Forbes
vergleichbar. Werenskiold ist von den skandinavischen
Porträtisten der schlichteste. Er giebt nicht das Momen-
tane, nicht die spielenden Fältchen, nicht das Zucken im
Gesicht wie Kröyer wieder. Er ist nicht Techniker und
Impressionist wie Zorn. Er giebt gewissermaßen das
Stimmungsbild der Persönlichkeit — kein momentan er-
haschtes, sondern den tiefen stabilen Grundaccord. Außer
der in ihrer Einfachheit klassischen Zeichnung von Ibsen
gedenken wir der Porträts von Schönberg und der Pianistin
Frau Nissen.

In der schwedischen Abteilung ist Zorn diesmal
nur durch ein Oelporträt, sein mit alter Virtuosität ge-
maltes Selbstbildnis, vertreten, während Graf Rosen
und Oscar Björk uns ihren Entwicklungsgang schildern.
Wenn man bedenkt, daß das kraftvolle Bildnis des Pontus
Wickner von Rosen und Björks ungemein lebensvolles,
fein in den Farben gestimmtes Bild des Professors Agardh
in die letzte Epoche der Künstler fällt, so kann man eine Fort-
entwicklung in aufsteigender Linie mit Freuden anerkennen.
Richard Berghs distinguiertes Porträt seiner Frau im
Interieur ist längst als eine Perle des Göteburger Museums
bekannt. Der leider seit Jahren erkrankte Joseph son
weist drei ebenso durch Farbe, als durch Charakteristik
fesselnde Frauenporträts auf. Frisches, lebensvolles Er-
 
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